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Besucher, die untertags in die Wiener Fanzone kommen, müssen bei keinem Standl warten.Mit einer besseren Nutzung der Bühne und einem Programm für alle Touristen könnte die Situation für die Wirte und für die Gäste am Rathausplatz verbessert werden

Foto: APA/ Gert Eggenberger

Die Wiener Fanzonen-Wirte fordern nun die Halbierung der Standgebühren. In Klagenfurt bauen die ersten Standler ab. Die Verantwortlichen setzen auf Verhandeln, Nachrüsten und die Dauer der EURO. Die EURO-Sprecherin der Stadt Wien, Anja Richter, glaubt, dass am Schluss alle zufrieden sein werden. Zur Kritik über zu teures Bier sagte sie: Da spielt auch die Überlegung eine Rolle, dass dann weniger getrunken wird und es zu weniger Raufereien und Ausschreitungen kommt.

Wien/Klagenfurt – Die Wirte in der Wiener Fanzone sind angespeist. Am Mittwoch forderten sie nach dem tristen Start einen Nachlass der Standmieten um 50 Prozent sowie die Verbilligung der Getränke um einen Euro. "Wir würden uns das schon wünschen", sagt die Verkäuferin eines Standes im "toten Eck" der Fanzone bei der Uni am Mittwoch. Immerhin betrage die Standgebühr 40.000 Euro. Eine "Happy Hour" hat der Großteil der Standler bereits Dienstagabend abgelehnt, weil man um die Gewinnspanne fürchtete. Dies wäre auch nur möglich, sagt die Standlerin, wenn die Einkaufspreise ebenfalls sinken.

Untertags eine gemütlichere Atmosphäre

Ein Wirt, der direkt am Rathausplatz einen Stand besitzt, zieht eine ebenfalls enttäuschte Bilanz: "Es müsste jeden Tag Österreich gegen Kroatien spielen, damit es sich für uns auszahlt." Er habe bereits 14 von 48 Mitarbeitern entlassen, da einfach zu wenig los sei. Familien werde nichts geboten, und die Möglichkeit, untertags eine gemütlichere Atmosphäre durch Tische und Bänke zu schaffen, werde nicht erlaubt. Das würde die Fanmeile nicht nur optisch verbessern, "die Leute müssen ja auch irgendwann sitzen", sagt der Gastronom. Neben den Fußballtouristen vernachlässige die Stadt derzeit den "normalen" Tourismus. So könnte eine bessere Nutzung der Bühne und ein Programm für alle Touristen die Situation der Wirte am Rathausplatz verbessern, meint der Gastronom.

Weiterer Zugang und mehr Beschilderung

"Es sind nicht mehr als acht Stände, die Probleme haben", sagt hingegen Christian Chytil, der Gastronomieleiter der Fanzone. Für die Stände im "toten Winkel" werde es eine zusätzliche Beschilderung geben, ein weiterer Zugang in der Grillparzerstraße wird geschaffen. Ein betroffener Standler gleich neben dem Burgtheater spricht von nicht eingehaltenen Versprechungen. So sei ihm versichert worden, dass unmittelbar vor seinem Stand (40.000 Euro Standmiete) eine Videowall installiert werde. Bis Mittwochabend prangte dort aber nur eine riesige Krone-Anzeige. Auch vom versprochenen Rahmenprogramm tagsüber sei noch nichts zu sehen gewesen. Zur Mittagszeit hatte der Standler gerade zehn Euro umgesetzt. Aufsperren müssen aber alle um neun Uhr, sonst drohen Pönalen.

Wirte haben gewusst, worauf sie sich einlassen

Die sechs Standln am Burgring, von denen man eine schlechte Sicht auf die Leinwand hatte, werden eigene Flatscreens bekommen, sagt Chytil. "Die Wirte haben gewusst, worauf sie sich einlassen. Das unternehmerische Risiko trägt jeder selbst." Die Vorwürfe einiger Standler, er, Chytil, betreibe mit seiner Firma "impact" selbst Gastrostände in der Fanzone und habe sich die besten Standorte vor dem Rathaus und auf dem Heldenplatz gesichert, will der Konzessionär nicht gelten lassen. "Ich habe dort dieselben Probleme wie alle anderen auch", erwidert Chytil. Das Geschäft laufe, der Umsatz entspreche aber nicht immer den Erwartungen. Bei einem runden Tisch soll Mittwochnachmittag ein Weg aus der Gastro-Misere gefunden werden.

Abbau in Klagenfurt

Auch in Klagenfurt reagiert man auf das Ausbleiben der Fans. Immer mehr Standler entschließen sich abzubauen. Die Wut gegen die Stadt und die EURO-Verantwortlichen ist beträchtlich. "Das Geschäft läuft katastrophal. Da hat doch die Werbung völlig versagt." Klagenfurts Bürgermeister Harald Scheucher (VP) will den Standlern jetzt 50 Prozent der Mietkosten erlassen. Die stadteigenen Markthäuschen werden überhaupt gratis überlassen. "Wir haben gemeinsam an die EURO geglaubt, jetzt stehen wir auch gemeinsam dafür ein, wenn's nicht so klappt wie erhofft", meint Scheucher. Auch die Bierbuden sollen jetzt so rasch als möglich aus der Innenstadt verschwinden und die Klagenfurter "Normalität" hergestellt werden. "Wir hatten leider harte Sicherheitsauflagen von der UEFA", klagt Bürgermeister-Sprecher Adolf Krumpl.

"Angstmache"

"Mit Angstmache bringt man die beste Stimmung um", meint Heinz Palme, EM-Koordinator der Bundesregierung, zur teils tristen Fanzonen-Situation. Vor allem in Bezug auf Klagenfurt sei in Medienberichten von "Horden von Hooligans" die Rede gewesen, Lokalzeitungen hätten sogar vor Vergewaltigungen gewarnt. Palme: "Kein Wunder, dass die einheimische Bevölkerung verschreckt war."

Drei Viertel der EURO liegen noch vor uns

Generell hält es Palme für übertrieben, wenn Standler nach nur drei Tagen schon eine schlechte Bilanz ziehen. Viel lieber schwärmt er von den Bildern des deutschen "Sommermärchens" 2006. Bei der WM, wo er ebenfalls Chefkoordinator war, sei auch nicht gleich von Beginn weg alles bestens gelaufen. "Wir haben noch drei Viertel der EURO vor uns, es wird noch viele Highlightspiele geben." In Wien werde weiterhin mit 15.000 bis 80.000 Fans pro Tag gerechnet. Die große Unbekannte sei das heimische Publikum. Die ausländischen Besucherzahlen seien aufgrund von Ticketverkauf, Visa-Anträgen, Hotelreservierungen und früheren Erfahrungen bisher fast zu 100 Prozent richtig eingeschätzt worden. (APA/ebi, fern, simo, stein/ DER STANDARD Printausgabe 12.6.2008)