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Geschlossene Gesellschaft.

Foto: Reuters/Zolles
Stegersbach/Wien - Andreas Ivanschitz ist tatsächlich vom Medienhotel Larimar zum Balance Resort gegangen. Live im Fernsehen. Dramatik pur. Von einer angeblichen Knieverletzung war nichts zu merken, die Bewegungen des Kapitäns des österreichischen Nationalteams wirkten sogar ausgesprochen geschmeidig. Es war Mittwoch, kurz vor 10.30 Uhr in Stegersbach. Der rot-weiß-rote Bus, ein Setra (früher Kässbohrer), stand schon in der Sperrzone und das Balance-Personal Spalier. Es applaudierte, als die Kicker einstiegen, die EURO-Begeisterung ist nicht nur im Burgenland gnadenlos. Und dann der Skandal: Stürmer Roman Kienast hat sich um dreieinhalb Minuten verspätet.

Vielleicht war das aber kein Versäumnis, sondern eine Finte. Sollen die Polen doch glauben, dass der Sittenverfall in Österreich erfunden wurde. Die ungefähr 90-minütige Fahrt hinter einem Original-Polizeiauto von Stegersbach über den kurvenreichen Wechsel bis hin zum Holiday Inn Wienerberg wurde aus kaum nachvollziehbaren Gründen nicht mehr live übertragen. Den Bus ziert folgender Schriftzug: "Nur gemeinsam können wir gewinnen."

Donnerstag, 20.45 Uhr, Happel-Stadion: Österreich gegen Polen, Teamchef Josef Hickersberger gegen Teamchef Leo Beenhakker, Verlierer zum Auftakt (0:1 Kroatien) gegen Verlierer zum Auftakt (0:2 Deutschland), "Respekt" gegen "Respekt", "Alles oder nichts" gegen "Alles oder nichts", "Wir müssen gewinnen" gegen "Wir müssen gewinnen", "Wir glauben an uns" gegen "Wir glauben an uns", "Die Stimmung ist positiv" gegen die "Die Stimmung ist positiv". "Wir sind gut vorbereitet" trifft sicher auf "Wir sind gut vorbereitet". Bei den Polen fällt Stürmer Maciej Zurawski aufgrund einer Oberschenkelzerrung aus, damit kann Österreich nicht dienen.

Weil gerade dieses Fußballspiel äußerst kompliziert ist, wurden davor lediglich Belanglosigkeiten ausgetauscht. Fragen harrten vergeblich ihrer Beantwortung, so sagte Martin Stranzl: "Wir kennen die Schwächen und Stärken der Polen, reden darüber nicht." Das gelte auch für die eigenen Fähigkeiten beziehungsweise Unfähigkeiten. Die offiziellen Termine in Stegersbach liefen zuletzt ungefähr so ab: Frage: "Was essen Sie gerne?" Antwort: "Ja, Spanien ist ein wunderschönes Urlaubsland."

Ivanschitz widersprach immerhin polnischen Medienberichten, in denen geschrieben stand, dass er, Ivanschitz, völlig überschätzt und maximal Mittelmaß sei. "Ich kann für das Team wichtig sein. Ich habe schon bewiesen, dass ich es bin." Team-Manager Andreas Herzog glaubt, "dass wir gewinnen. Sofern wir mehr Spieler in den gegnerischen Strafraum bringen als gegen Kroatien. Die Siegermentalität muss deutlicher zum Ausdruck kommen." Den in einer polnischen Zeitung geäußerten Plan, man solle Emanuel Pogatetz reizen, damit dieser durchdrehe, tat Herzog "als Schwachsinn hoch zehn" ab.

Hickersberger verriet weder Taktik noch System. Das Personal, dem er vertraut, wird es rechtzeitig erfahren. Er wies darauf hin, "dass Polen in der Qualifikation Portugal hinter sich gelassen hat". Österreich werde sicher nicht "Hollywood" spielen, der Teamchef lehnt Größenwahn strikt ab. Es ist von einer "vorsichtigen Offensive" auszugehen. Polen dürfte ähnlich eingestellt sein. Einen Augenschmaus erwarten nur die verwegensten Optimisten.

Es wird gewiss personelle Veränderungen geben. Ümit Kormaz könnte an der linken Seite beginnen, das wäre zwar eine populistische, aber vermutlich auch eine kluge Maßnahme. Im Sturm wird Kienast erwartet, Erwin Hoffer ist als Partner nicht auszuschließen. Vielleicht rutscht Christoph Leitgeb in die Startformation, vielleicht wird Pogatetz als linker Verteidiger eingesetzt. Ivanschitz: "Ivica Vastic ist sehr erfahren." (Christian Hackl; DER STANDARD Printausgabe 12. Juni 2008)

Gruppe B:
  • Österreich - Polen (Wien, Ernst-Happel-Stadion, 20.45 Uhr/live ORF1, Schiedsrichter Howard Webb/England)

    Österreich: 21 Macho - 15 Prödl, 3 Stranzl, 4 Pogatetz - 14 Garics, 8 Leitgeb, 10 Ivanschitz, 6 Aufhauser, 11 Korkmaz - 18 Kienast, 22 Hoffer

    Ersatz: 1 Manninger, 23 Özcan - 12 Gercaliu, 17 Hiden, 16 Patocka, 2 Standfest, 13 Katzer, 19 Säumel, 20 Harnik, 7 Vastic, 5 Fuchs, 9 Linz

    Polen: 1 Boruc - 13 Wasilewski, 14 Zewlakow, 6 Bak, 3 Wawrzyniak - 5 Dudka, 18 Lewandowski - 17 Lobodzinski, 20 Roger, 8 Krzynowek - 7 Smolarek

    Ersatz: 22 Fabianski, 12 Kowalewski - 2 Jop, 4 Golanski, 10 Gargula, 11 Saganowski, 15 Paznan, 16 Piszczek, 19 Murawski, 21 Zahorski, 23 Kokosza

    Fraglich: Lewandowski (Knöchelblessur)

    Es fehlt: 9 Zurawski (Oberschenkelverletzung)