Der Oligarch Sulejman Kerimow hat seine russischen Beteiligungen verkauft, um bei internationalen Finanzdienstleistern einzusteigen. Der nach Forbes siebtreichste Russe soll in den vergangenen Monaten seine Anteile an Gasprom und der größten russischen Bank Sberbank verkauft haben, berichtet Kommersant. Demzufolge soll Kerimows Investmentfirma Nafta Moskwa für den Fünf-Prozent-Anteil an Gazprom gut 15 Mrd. US-Dollar lukriert haben. Das Aktienpaket an der ehemaligen sowjetischen Sparkasse, an der Kerimow sechs Prozent hielt, soll weitere fünf Mrd. gebracht haben.

Die Verkaufserlöse nutzte Kerimow, um bei der Deutschen Bank mit drei Prozent einzusteigen. Dieser Anteil soll bis auf neun Prozent aufgestockt werden. Die Deutsche Bank weiß davon nichts - nach deutschem Gesetz sei erst ein Anteilserwerb von mehr als drei Prozent meldepflichtig. Kerimow soll auch Papiere der Schweizer Banken UBS und Credit Suisse sowie der US-Investmentbank Morgan Stanely gekauft haben. "Aktien ausländischer Banken haben mehr unter der Finanzkrise gelitten, daher ist bei ihnen das Potenzial für einen Anstieg größer", so Natalia Orlowa von der Alpha Bank.

Exzentriker und Politiker Kerimow, dessen Vermögen auf 17 Mrd. Dollar geschätzt wird, gilt als Exzentriker. 2006 sorgte er für Schlagzeilen, als er in Nizza seinen Ferrari gegen eine Palme lenkte und schwere Verletzungen erlitt. Der 42-Jährige, der seine ersten Millionen im Ölhandel verdiente und laut Medienberichten Deals auf Pump finanzierte, engagierte sich auch politisch. 1999 bis 2007 saß er für die liberaldemokratische Partei Russland des Rechtspopulisten Wladimir Schirinowski als Abgeordneter in der Duma. Dieser und Nafta Moskwa werden mit dem Oil-for-Food-Skandal in Verbindung gebracht. Im April 2007 trat Kerimow der Putin-Partei Einiges Russland bei. Derzeit sitzt er für die Region Dagestan im Föderationsrat.

2007 trennte er sich von Telekommunikationsbeteiligungen. Den Anteil am größten russischen Kabel-TV-Anbieter National Telecommunications gab er an den Putin nahestehenden Juri Kowaltschuk für 817 Mio. Euro ab. Laut russischen Medien will sich der Oligarch auch von seinem Mehrheitsanteil an Polimetal, dem zweitgrößten russischen Goldproduzenten, trennen. Der Kommersant spekuliert, dass seine Flucht aus russischen Firmen nicht nur mit dem Potenzial ausländischer Titel zu tun hat. Er sei nicht mehr oft in Moskau, wenn, dann nur umgeben von Bodyguards. "Investitionen in ausländische Aktien sind sicherer, sie bewahren vor verschiedenen Risiken - auch politischen", wird ein Banker zitiert. (Verena Diethelm aus Moskau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.6.2008)