Landung in Schwechat - für Bosse bald kein Thema mehr?

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Der Weltkonzern IBM hat beschlossen, seine zuständige Generaldirektion für Osteuropa von Wien nach Prag zu verlegen. Diesen Weg ist vor einiger Zeit schon das Versicherungsunternehmen Generali gegangen. Mir ist bekannt, dass es auch bei einigen österreichischen Unternehmen die Überlegung gibt, etwa nach Prag oder Bratislava zu gehen, wobei die bessere steuerliche Situation als Entscheidungsgrund genannt wird. Hochqualifizierte Mitarbeiter von Unternehmen behalten ihren Sitz inzwischen in der Tschechischen oder Slowakischen Republik, obwohl ihre Tätigkeit in Wien liegt, weil sie steuerlich günstiger dran sind, wobei die Differenz so groß ist, dass sie sich etwa jede Woche die Flüge zwischen Prag und Wien leisten können.

Von ähnlicher Relevanz ist gegenwärtig das Theater um die Austrian Airlines. Wenn es nicht gelingt, leistungsfähige Partner für das Überleben der AUA zu finden, wird auch der Flughafen Schwechat nicht mehr jene Bedeutung haben, die er zum Glück für Österreich gegenwärtig hat. Es ist keine gottgewollte Ordnung, dass quasi jeder über Wien fliegen muss, dass wir eine Fülle von Unternehmen haben, die gerade in Wien für Mittel-, Ost- und Südosteuropa ihre Büros haben. Es müssen die Rahmenbedingungen stimmen, und nicht die "rot-weiß-rote Heckflosse". Zweifellos sind wir stolz darauf, dass aus dem einstigen Land am Rande des Eisernen Vorhangs inzwischen in manchen Unternehmensbereichen ein „regional player“ geworden ist. Die Politik hat nicht übertrieben viel dazu getan, im Bereich der Infrastruktur sogar manches unterlassen, wenn man an die eine oder andere fehlende Autobahn oder das Eisenbahnnetz denkt. Wir leisten uns sogar die Schizophrenie, gut an dieser Situation zu verdienen, gleichzeitig aber eine kultivierte Aggression gegen unsere Nachbarn zu haben. Die mildere Form davon ist die Unkenntnis, wer überhaupt unsere Nachbarn sind und welche Qualitäten und Einstellungen sie haben.

Die Entscheidung, dass zwei große Konzerne Wien verlassen, müsste eigentlich bei den Verantwortlichen im Bund und Wien Alarmglocken läuten lassen. Richtig ist, dass Steuerangelegenheiten eine Bundessache sind, aber gegenwärtig sind wir alle unterwegs, die „Reichen“ zu bestrafen, wobei wir uns darüber im Klaren sein sollten, dass diese Unternehmen für Österreich ganz wichtige Arbeitsplätze und eine besondere Attraktivität bedeuten. Aber auch Wien muss einiges dazu tun, wobei Bemerkungen zur Situation von Fluggesellschaft und Flughafen allein nicht reichen. Es gibt auch sichtliche Defizite, die etwa im Ausbau der Donau bestehen, wofür es ein vitales Interesse von Wien geben müsste, donauabwärts bis zum Schwarzen Meer ein Mehr an Transportmöglichkeiten zu erschließen. Der Gütertransport auf der Donau ist ökologisch sicher vorteilhafter als der Lkw-Verkehr auf Straßen. Gegenwärtig ist es wohl die falsche Zeit, von den Partnern in der Politik Kooperation zu erwarten. Die gepflegten Aggressionen mit Unterhaltungscharakter werden auf Dauer aber nicht reichen, die ausgezeichnete Ausgangssituation unseres Landes zu nutzen, um eine gewisse Bedeutung über die Grenzen Österreichs zu haben. Die Politik kann das nicht allein bewirken – hier muss man sie in Schutz nehmen. Wirtschaftlich aber ist es von entscheidender Bedeutung, nicht für die Generaldirektoren, sondern für die junge Generation unseres Landes. (Erhard Busek, DER STANDARD Print-Ausgabe, 13.6.2008)