Eusebio wusste ebenso durch enorm temporeiche Dribblings auf höchstem technischen Niveau zu überzeugen.

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Wien - Das Feuer einstiger Tage war Eusebio am Donnerstag in Wien nicht von den Augen abzulesen. 42 Jahre sind ins Land gezogen, seit ein entfesselter Eusebio sich mit neun Treffern als Fußball-WM-Torschützenkönig in die Geschichtsbücher eintrug und Portugal mit dem dritten Platz in England das bis heute beste WM-Ergebnis bescherte.

In der Zwischenzeit blieb im Fußballgeschäft kein Stein auf dem anderen, Portugal aber ohne WM- oder EM-Titel. Geht es nach Eusebio, bleibt das vorerst auch so. Denn trotz des vorzeitig fixierten Gruppensieges hebt der "schwarze Panther" Portugal nicht in den Kreis der ersten EM-Titelanwärter: "Favoriten sind wieder die üblichen Teams Deutschland, Niederlande, Frankreich, Italien und vielleicht auch Spanien. Wir sind kein Favorit, aber auf einem guten Weg und haben bei dieser EURO bisher gute Spiele abgeliefert. Und wir können noch ein Favorit werden", sagte der 66-Jährige im Gespräch im EM-Dorf "Republic of Puma Football" neben der Wiener Fanmeile.

Scolari Abschied schmerzt

Der am Vortag bekanntgegebene Abgang von Teamchef Felipe Scolari in Richtung Chelsea FC drückte auf Eusebios Stimmung: "Es ist einfach nur traurig." Der Brasilianer habe es verstanden, die "Seleccao" zu einer Einheit zu formen. Es werde schwer, einen Nachfolger zu finden, der in seine Fußstapfen treten kann, fürchtet Eusebio.

Gastgeber Österreich hat die portugiesische Legende mit seinem ersten EM-Auftritt nicht enttäuscht: "Ich kenne keine Spieler, nur einige aus dem Fernsehen. Da ist es immer schwer etwas zu sagen. Aber im ersten Gruppenspiel waren die Österreicher eine große positive Überraschung. Es ist aber eine harte Gruppe. Viel Glück." ÖFB-Stürmer Roland Linz nennt Eusebio einen der "besten Stürmer in der portugiesischen Liga".

Ronaldo sollte Weltfußballer werden

Portugals Superstar Ronaldo sollte in Eusebios Augen wegen seiner Leistungen in der abgelaufenen Saison zum nächsten "Weltfußballer des Jahres" gewählt werden. Vergleiche zwischen Ronaldo und Eusebio wehrt Europas Fußballer des Jahres 1965 aber sofort ab: "Jeder Spieler hat seinen eigenen Stil und der Fußball hat sich komplett verändert. Es geht gar nicht, uns zu vergleichen." Zumindest zwei Tugenden teilen der Alt- und Jungsuperstar aber: Enorm temporeiche Dribblings auf höchstem technischen Niveau und ihre Torgefahr. In 365 Spielen für Benfica Lissabon erzielte Eusebio sagenhafte 383 Treffer. 1968 und 1973 erhielt der Portugiese den "Goldenen Schuh" für Europas Torschützenkönig.

Der vermeintlich größte Unterschied zwischen Eusebio und Ronaldo offenbart sich auf dem Gehaltszettel. Am Donnerstag übte Portugals Fußball-Legende aber keine Kritik an der fortschreitenden Vereinnahmung des Fußballs durch die Unterhaltungsindustrie: "Natürlich ist alles kommerzieller, aber Fußball ist eine Show geworden für die ganze Familie. Es ist auch keine reine Männersache mehr wie früher. Alles ist freundschaftlicher geworden und besser organisiert. Früher mussten 100.000 auf der Tribüne stehen. Heute sitzen 40.000."

Zweifelhafte Behandlung durch Benfica

Eusebio selbst hatte nie angemessen verdient und mit Ressentiments zu kämpfen. Der 66-jährige stammt aus der früheren portugiesischen Kolonie Mosambik und wurde von Benfica zweifelhaft behandelt. Unter anderem wurde die Ablösesumme derart hochgesetzt, dass Topclubs aus Italien sich Eusebio nicht leisten konnten. Die heute ausbezahlten Spielergehälter empfindet Eusebio dennoch als gerechtfertigt: "Das Fernsehen will die Fußball-Show. Die Spieler sorgen für diese Show. Natürlich verlangen sie dafür etwas." (APA)