Frankfurt - Auf dem milliardenschweren Markt für Nachahmermedikamente scheint wenige Tage nach eines Offerts des japanischen Pharmakonzerns Daiichi Sankyo für den indischen Generikahersteller Ranbaxy Laboratories ein Bieterkampf entbrannt zu sein. Kein geringerer als der Branchenprimus Pfizer soll Daiichi Sankyo bei dem sicher geglaubten Milliardendeal mit einem Gebot in die Quere kommen.

Das Pfizer-Offert beziehe sich auf den 65-prozentigen Anteil an Ranbaxy, der nicht bei der Gründerfamilie Singh liege, berichtet die indische Wirtschaftszeitung "Business Standard" am Freitag. Japans drittgrößter Pharmakonzern Daiichi Sankyo hatte am Mittwoch mitgeteilt, für 3,4 bis 4,6 Mrd. Dollar (2,21 Mrd. bis 2,98 Mrd. Euro) eine Mehrheitsbeteiligung an Ranbaxy übernehmen zu wollen. In einer "verbindlichen" Vereinbarung mit der Gründerfamilie Singh sei bereits Einigkeit über den Anteilsverkauf von 34,82 Prozent an Ranbaxy erzielt worden.

Für weitere 20 Prozent des Aktienkapitals will Daiichi ein öffentliches Angebot über 737 Rupien (11,19 Euro) je Titel unterbreiten. Die Japaner wollen sich mit 50,10 Prozent die Mehrheit an Ranbaxy sichern. Ranbaxy würde damit mit insgesamt 8,5 Mrd. Dollar bewertet. Daiichi hat mit diesem Offert bereits tief in die Tasche gegriffen, um sich auf dem Gebiet der patentfreien Medikamente zu verstärken.

Spekulationen

In der Branche werde seit längerem über einen Einstieg von Pfizer in das Geschäft mit Nachahmermitteln spekuliert, hieß es am Freitag aus Branchenkreisen. "Prinzipiell wird schon lange darüber geredet, ob Pfizer nicht einen Generikahersteller übernimmt, um nicht nur patentgeschützte, sondern auch die eigenen Generika nach einem Patentablauf anbieten zu können", sagte ein langjähriger Kenner des Generikamarktes der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX. "Während die 35 Prozent der Singh-Familie recht sicher an Daiichi gehen dürften, könnte Pfizer Daiichi bei den restlichen Prozent in die Quere kommen."

Die Entwicklung am Generikamarkt mit zuletzt weltweit knapp 80 Mrd. Euro Volumen erregt immer wieder die Gemüter, weil die Wachstumsdynamik mit geschätzten neun bis zwölf Prozent bis 2012 höher ist als im gesamten Pharmageschäft. Während die deutsche Merck ihr Generikageschäft an die amerikanische Mylan für 4,9 Mrd. Euro verkaufte, um mehr Geld zur Stärkung der patentgeschützten Medikamente in die Hand nehmen zu könne, schluckte Teva Pharmaceuticals für 7,4 Mrd. Dollar Ivax. Novartis verleibte sich Hexal zusammen mit Eon Labs für 6,4 Mrd. Euro ein und schwang sich damit 2005 zum weltweit zweitgrößten Generikahersteller auf.

Einstieg in Generikamarkt

Da Pfizer bisher nicht auf dem Generikamarkt aktiv ist, wäre eine Übernahme von Ranbaxy oder auch von Teva kartellrechtlich wohl kein Problem. Mit einer Mehrheitsübernahme von Ranbaxy würde Pfizer zudem einen unliebsamen Konkurrenten schlucken, denn Ranbaxy und Pfizer streiten sich schon länger vor Gericht über eine Nachahmerversion des Pfizer-Kassenschlagers Lipitor. Der Blutfettsenker spülte dem Pharmakonzern 2007 einen Umsatz von fast 13 Mrd. Dollar in die Kassen und ist damit das weltweit meistverkaufte Medikament. Lipitor verliert in den USA 2012 seinen lukrativen Patentschutz.

An der Börse in Indien sorgte der Bericht für Kauflaune unter den Ranbaxy-Aktionären: Die Titel des Generikaherstellers stiegen um 4,25 Prozent auf 566,60 Rupien. In Deutschland profitierten mit einem Plus von mehr als ein Prozent die Papiere des drittgrößten deutschen Generikaherstellers Stada. Stada hat laut Branchenkennern immer zwei Geschichten zu bieten: Die operative Entwicklung und die Übernahmefantasie - quasi als Sahnehäubchen. Im Falle einer Übernahme würde sich Stada definitiv bei einem Originalhersteller als eigenständige Gesellschaft wohler fühlen, als unter den Fittichen eines unliebsamen Generikakonkurrenten. (APA/dpa)