Walter Braun

Die Trendforscher Matathia und Salzman (in: "Next. Wie sieht die Zukunft aus?") prognostizieren, daß sich die politischen Gräben vertiefen werden. Allerdings wird die Opposition nicht mehr "rechts" und "links" heißen.

Auf meinen provokanten, fiktiv überhöhten Kommentar zum Thema "Grundsicherung" reagierte Dr. Herbert König aus Wien mit bemerkenswerter Gehässigkeit, ohne auch nur ein einziges Gegenargument zu bringen.

Meine Ablehnung von Kollektivismus und staatlicher Bevormundung scheint den österreichischen Verfassungsbogen schon zu überspannen, jedenfalls "ungewöhnlich rechtskonservativ" zu sein. Die politischen Mißtöne werden schriller, so wie es die beiden im Vorspann erwähnten Trendforscher vermuten. Das bezieht sich nicht nur auf politische Lager, sondern auch auf Spannungen zwischen Singles und Familien, Frauen mit Kindern und kinderlosen Frauen, Arbeitslosen und Beschäftigten.

Dynamiker vs. Statiker

Die Unfähigkeit des Leserbriefschreibers, andere Meinungen zu akzeptieren, bestätigt meine These, daß Umverteilungsapostel im Herzen Anti-Demokraten sind. Ich könnte die Sache einfach abtun als Entgleisung eines Intoleranten; dennoch dürfte mehr dahinter stecken.

Während einige politische Denker das Ende der Ideologien (und der Geschichte) ausgerufen haben, sind die Ismen (Konservativismus, Fundamentalismus, Liberalismus etc.) wieder recht lebendig geworden. Angesichts der Millenniumswende und der rasanten technischen Durchbrüche scheint sich eine neue Polarität quer zu den politischen Lagern zu entwickeln.

Bei einer kürzlich in Kalifornien stattgefundenen Konferenz wurde statt "rechts" und "links" eine politische Unterscheidung zwischen "Dynamikern" und "Statikern" angeregt. "Dynamiker" sind junge, optimistische Unternehmer, Individualisten, die an technischen Fortschritt glauben, die bereit sind, Risiken und Verantwortung auf sich zu nehmen, die auf Wettbewerb statt zentrale Planung setzen, die aber - im Gegensatz zu den Radikal-Liberalen - staatliche Maßnahmen wie Anti-Raucher-Regelungen, Mehrausgaben für Schulen oder soziale Sicherungsnetze durchaus akzeptieren. "Statiker" hingegen sind jene, die sich vor der Zukunft, vor Gentechnik und Globalisierung fürchten, auf einen starken, planenden und regulierenden Nationalstaat setzen. "Statiker" finden sich von Links- außen bis zu Rechtsextremen. Vor diesem Hintergrund sind viele Leute, die sich als progressiv einschätzen, als erzkonservativ zu beurteilen. In der absehbaren Zukunft werden aber die "Dynamiker" - zumindest in Europa - eine klare Minderheit bleiben.

Walter Braun ist freier Wirtschaftsjournalist und Trendforscher.