Severin Corti

"Wir schließen die Augen, atmen ein ... und gehen ganz nach innen. Wir lassen die Energie des Atems in alle Glieder fließen ..."

"Platsch!" macht es da im Grünsee, der sich nur wenige Meter von der hölzernen Plattform im Lärchenwald ausbreitet. Die drei frischg'fangten Yogis auf der Plattform blicken alle auf: Wie soll man sich auch auf den Sonnengruß konzentrieren, wie Prana, die universale Lebensenergie, zum Fließen bringen - wenn mittendrin eine Forelle aus dem eisigen Wasser steigt, um sich ganz profan an einer Mücke gütlich zu tun?

Von solchen Unwägbarkeiten abgesehen, an denen sich wohl nur ganz frische, die eigene Tiefe erst auslotende Yoga-Anfänger stoßen werden, hat das neue Angebot des Hotels Hochschober auf der Turracher Höhe alles für sich: Schließlich ist Yoga zuallererst eine Kultur des Atmens - und damit etwas, das sich in der klaren Gebirgsluft ungleich zielführender praktizieren lässt als in verschwitzten (oder gar künstlich klimatisierten) Fitnessräumen.

"Wir haben Yoga bei Reisen durch Indien kennengelernt", sagt Hochschober-Chefin Karin Leeb, "dort wird es ausschließlich im Freien praktiziert - diese Kultur wollten wir auch hier etablieren." Seit Anfang Juni können Hotelgäste die Kraft und Energie der umliegenden Nockberge unter Anleitung international erfahrener Yoga-Lehrer in sich aufnehmen. Am Grünsee, rund eine halbe Stunde Fußmarsch vom Hotel entfernt, wurde dafür eine Art Tanzboden auf das leicht abschüssige Terrain gebaut, inmitten einer Lichtung im hochalpinen Lärchenwald. Alternativ können die Übungseinheiten auch an einem Badesteg am Turracher See stattfinden.

Bei Schlechtwetter werden sie in den Chinaturm verlagert, jenen eindrucksvollen, von einem Spezialisten für historische chinesische Bauten entworfenen Bau, in dem sich die Expertise der Masseure, Yoga-Lehrer und, vor allem, Teezeremonienmeister des Hochschober nun schon seit Jahren entfalten kann. Und es ist durchaus nicht so, dass der Blick aus dem vierten Stock auf den vom Regen verhangenen See, wo der Wind wilde Muster zeichnet, der Sammlung und Konzentration weniger förderlich sei als das Schönwetter-Angebot an der Bergluft.

Das über die Jahrzehnte zu einem mächtigen Komplex am Südufer des Sees angewachsene Hotel bietet neben vielen Freiluftaktivitäten (darunter auch Spinn- und Fliegenfischen am hoteleigenen Grünsee!) schon oft besungene Pritschelmöglichkeiten an. Ein nach levantinischen Vorbildern gebautes Hamam etwa, im Garten gelegene Groß-Jacuzzis, in denen man sich in aufgeheiztem Quellwasser an der frischen Luft vergnügen kann - oder der einzigartige, buchstäblich im See liegende Pool. Darin wird das ansonsten gar zu erfrischende Wasser des Sees auf mehr als angenehme 28 Grad aufgeheizt.

Die Atmosphäre ist entspannt, gleichzeitig sind Gäste, die, wie in Wellness-Hotels allzu üblich, auch im Speisesaal mit Badeschlapfen und Frotteemantel auftauchen, zum Glück ganz eindeutig in der Minderheit. Das Essen folgt zwar großteils der auf Reichhaltigkeit bedachten Buffet-Philosophie und bietet ein Angebot, das man auch mit Dauer-Yoga kaum abtrainieren könnte - was aber auffällt, ist das besondere Augenmerk, das dabei auf Produkte aus der Region gelegt wird.

So kommen die Saiblinge für das Abendessen von einem Qualitätszüchter aus der nahen Gurk. Zum Frühstück gibt es neben Tee- auch köstliche Bauern- und sogar Schafsmilch-Butter, weiters sechs verschiedene Schafskäse aus Kärnten, erstklassigen Schinken, Rohwürstel, selbstgemachten Reindling, Honig aus örtlicher Imkerei ...

Dazu lässt Küchenchef Josef Dorner es sich nicht nehmen, regelmäßig ganze Tiere, ob Freilandschweine aus Kärnten oder steirische Almochsen, zu ordern, um sie "von Kopf bis Fuß" zu verbraten. Das führt dazu, dass man unter den zahllosen Platten und Schüsseln am Vorspeisen-Buffet auch köstliche Deftigkeiten wie gerollten Kalbskopf entdecken kann - oder dass es zum kurz gebratenen Filet vom Seeteufel ein durchaus gewagt kombiniertes Ragout vom Ochsenschwanz gibt. Der Kalorien-Aufnahme, der man sich angesichts solcher Köstlichkeiten kaum entziehen kann, sollte tunlichst ein forcierter Lauf um den See (mit 2,2 Kilometern ohnehin kaum der Rede wert) vorangehen. Was gerade in Sachen Atmung viel gesünder ist, als sich auf das (selbstredend ebenso vorhandene) Laufband zu stellen.

i Hotel Hochschober, 9565 Turracher Höhe 5, Tel.: 04275/82 13, Yoga am Berg noch bis 26. Juli, www.hochschober.at

Der Drei-Seen-Weg zur Lebensenergie: Fliegenfischen, Yoga und Schauen am Grün-, am Schwarz- und am Turracher See. Foto: Hochschober