Bild nicht mehr verfügbar.

Ernüchterung im Pub: Irlands Nein stellt nicht nur die EU, sondern vor allem auch Irland selbst vor Probleme.

Foto: AP/ Niall Carson
Im Unterschied zu anderen Fällen bietet sich diesmal kein Sonderweg für die Iren an: Sie sollten den Hut nehmen.

*****

Irland sollte dem Rest von Europa einen Gefallen tun und aus der EU austreten. Nach dem „No“ zum Vertrag von Lissabon scheint das die einzige tragbare Lösung zu sein. Die Iren haben sich selbst ein Problem geschaffen. Sie sollten es nicht zum Problem der anderen werden lassen.

Es wäre betrüblich, wenn das fröhliche Volk der Grünen Insel nicht mehr Teil der EU-Familie wäre. Aber es wäre noch betrüblicher, wenn nach dem „No“ nun all jene, die von den gleichen Vorteilen der europäischen Integration profitieren möchten, die schon den Wohlstand der Iren ermöglicht hat, nun draußen im Kalten blieben. Die Erweiterung der EU kann ohne die vielen praktischen und pragmatischen Elemente des Lissabon-Vertrags nicht weitergehen. Und der Prozess der Erweiterung ist die wichtigste Anstrengung, der sich die EU gestellt hat, die Schaffung des Euros miteingeschlossen.

Es ist schade, dass die Iren von ihrer Ablehnung des Vertrags von Nizza vor sieben Jahren nichts gelernt haben. Damals wie heute hat sich nur eine Minderheit die Mühe gemacht zu wählen, und nur 54 Prozent von denen, die abgestimmt haben, sagten, damals wie heute, Nein. Ein Jahr später hat eine neuerliche Abstimmung den Vertrag von Nizza bestätigt, als klar wurde, dass Irlands EU-Mitgliedschaft auf dem Spiel stand.

Mit dieser unglücklichen irischen Abstimmungstradition hätte man sich nach dieser Erfahrung auseinandersetzen müssen. Das hat man verabsäumt. Nun wird die EU erneut im irischen Eintopf mitgekocht. Aber dieses Mal ist es schwierig, einen Ausweg mittels eines zweiten Referendums zu finden. Den Vertrag nochmals zu verhandeln ist keine Option, denn das würde eine Büchse der Pandora voller Ansprüche der anderen öffnen. Also liegt das Problem bei den Iren, und sie müssen es lösen.

Ich kann nicht anders, als mir die Situation im Sommer 1992 in Erinnerung zu rufen, als eine kleine Mehrheit von dänischen Wählern den Vertrag von Maastricht abgelehnt hat. Damals gab es zwölf Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft. Nach ihrer Abstimmung sagte man den Dänen in unmissverständlichen Worten, dass das Land die europäische Familie verlassen müsse, wenn wir keinen Ausweg fänden. Als damaliger dänischer Außenminister gelang es mir, ein paar Ausweichklauseln von EU-Direktiven durchzusetzen, dann stimmte man ein zweites Mal ab. Das Resultat war ein Ja. Diese Klauseln haben uns seither aber nur geschadet.

Unsere europäischen Partner konnten uns im Juni 1992 nicht hinauswerfen – aber die anderen elf konnten ihre eigene Gemeinschaft schaffen, während wir in der leeren Schale der EG-12 alleingelassen wurden. Dieses Mal ist es allerdings unvorstellbar, wie die anderen zu einer EU-26 zustimmen sollten, während sie Irland in einer leeren EU-27 isolieren, obgleich das eine vernünftige Lösung wäre. Daher sollten die Iren Großmut beweisen und den anderen ermöglichen, ohne sie weiterzumachen.

Die Iren waren ein gutes Beispiel für einen neuen Mitgliedsstaat. Als sie 1972 der EG beitraten, waren sie so arm, dass viele befürchteten, das Land würde zur Bürde. Sie wurden es nie. Im Gegenteil, bewiesen die Iren doch über eine überraschend kurze Zeitspanne, wie ein kleines und entschlossenes Land die europäische Integration nutzen konnte, um den Status eines der reichsten Länder in Hinsicht des Pro-Kopf-Einkommens zu erlangen.

Irland hat sich selbst tatsächlich zu einem leuchtenden Beispiel für jene gemacht, die mit dem Rest Europas aufschließen wollen. Das ist der Grund, warum ihre leichtsinnige Ablehnung des Vertrages von Lissabon so tragisch ist. Aber Europa muss weiter. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.6.2008)