Wien – Auf dem Fußballfeld lautet die Partie der Partien heute Abend Deutschland gegen Österreich. Für beide Mannschaften geht es um den Aufstieg ins Viertelfinale der EURO. Das entscheidende Match in der heimischen Elektrizitätswirtschaft findet morgen, Dienstag, im Aufsichtsrat des Verbund statt. Dabei geht es nicht weniger als um die Bestellung einer neuen Führung für Österreichs größten Stromkonzern.
Unter der Regie des Steirers Gilbert Frizberg, der seit März 2000 im Aufsichtsgremium des Verbund sitzt und seit März 2007 den Vorsitz führt, stimmen 15 Personen über einen Nachfolger für Michael Pistauer an der Spitze des Unternehmens ab. Pistauer, seit 1994 als Finanzvorstand im Verbund, ist erst im Vorjahr nach dem Abgang des langjährigen Verbund-Chefs Hans Haider an die Konzernspitze gerückt. Sein Vertrag läuft Ende Dezember aus.
Eine Wiederbestellung Pistauers wäre nach den Corporate-Governance-Regeln des Verbund gerade noch möglich, weil der gebürtige Salzburger erst im Dezember die Altersgrenze von 65 erreicht; er selbst hat aber zu erkennen gegeben, maximal zwei weitere Jahre zur Verfügung zu stehen, keinesfalls aber eine volle Periode von fünf Jahren. Darauf möchte sich aber die ÖVP nicht einlassen. Sie reklamiert den Verbundposten für sich, zumal erst vor kurzem ein wichtiger Job, nämlich der des Bahnchefs, mit dem Abgang von Martin Huber und dem Aufrücken von Peter Klugar wieder rot eingefärbt wurde. Die Volkspartei möchte die Verbund-Führung über die nächsten Nationalratswahlen hinaus fixieren.
Um den Spitzenjob ist innerhalb der ÖVP seit Wochen ein Hauen und Stechen im Gang. 18 Kandidaten haben sich an der von Johann Zehnder durchgeführten Ausschreibung beteiligt, darunter auch Ulrike Baumgartner-Gabitzer. Sie war Mitte der 1990er-Jahre Kabinettchefin von Wolfgang Schüssel, als dieser noch Vize-Kanzler war, später Generalsekretärin des Verbands der Elektrizitätsunternehmen Österreichs, parallel bis Ende 2006 Nationalrats-Abgeordnete der ÖVP. Im Vorjahr ist Baumgartner-Gabitzer in den Verbund-Vorstand gewechselt. Sie wird insbesondere von Schüssel, dem jetzigen Klubobmann der ÖVP, unterstützt, erfreut sich aber auch des Wohlwollens von Vizekanzler Wilhelm Molterer.
Vorsichtige Prognose
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (VP), in dessen Ressortzuständigkeit der zu 51 Prozent der Republik gehörende Verbund fällt, würde lieber eine externe Person an der Spitze des Stromkonzerns sehen. Bereits vor Wochen ist in dem Zusammenhang der Namen von Wolfgang Anzengruber gefallen, der von ABB kommend als Vorstand der Salzburg AG jede Menge Strom-Know-how gesammelt hat. Seit 1994 leitet Anzengruber mit viel Erfolg den Salzburger Kranhersteller Palfinger. Im Mai wurde sein Vertrag um weitere fünf Jahre verlängert. Erst kürzlich habe ihn Verbund-Aufsichtsratschef Frizberg, ein Freund von Bartenstein, bekniet, nach Wien zu wechseln. Anzengruber fühlt sich geschmeichelt.