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Österreichs Teamchef Hickersberger: "Das Wunder ist nicht auszuschließen." Deutschlands Teamchef Löw: "Wir steigen auf."

Foto:AP/Punz; Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images
Stegersbach/Wien - "Gott, ist der Mann gut", sagten Tag für Tag mindestens zehn deutsche Journalisten, die von ihren Redaktionen in das südburgenlandberühmte Stegersbach entsandt wurden. Sie hatten Schlimmes befürchtet, manche stellten die Sinnfrage, meinten, man habe doch immer brav gearbeitet, sei pünktlichst zum Dienst erschienen. Vorurteile wurden geschaffen, um widerlegt oder auch bestätigt zu werden. Fakt ist: Die Deutschen werden Stegersbach gehörig vermissen. Sie nahmen mit, dass "ihr Österreicher tatsächlich locker seid" und ließen quasi einen in Neid getunkten Sauerbraten zurück. Daheim werden sie sich wieder an "die Verkrampfung" gewöhnen und zur Linderung rote Grütze essen müssen.

Der gute Mann ist Josef Hickersberger. Der Teamchef spielt in der Tat eine starke EURO. Wobei der Zeitpunkt und die Art des Endes offen sind. Kann durchaus sein, dass am Montag, kurz nach 22.30 Uhr, der Vorhang fällt. Und die deutsche Mannschaft das Viertelfinale gegen Portugal erreicht hat. Wäre allzu logisch, an Langeweile kaum zu überbieten. Córdoba, dies ein Nebeneffekt, hätte auch 2008 überlebt. Wien würde Wien bleiben, ganz ohne Wunder, vielleicht bis zum Sankt Nimmerleinstag.

Der Sonntag in Stegersbach, der Tag vor dem Showdown. Die zweite Wiederholung, vor Kroatien und Polen war es kaum anders. Kapitän Andreas Ivanschitz hat nicht schon am Vormittag, sondern erst am Abend im Happel-Stadion gesagt, "dass wir Außenseiter mit Chancen sind".

Deutschland muss einfach anders sein. Zuvor Abfahrt mit dem Bus nach Wien, einchecken im Hotel Holiday Inn am Wienerberg, Mittagessen, ausruhen, Abschlusstraining. Am Montag in erster Linie aufstehen, im Horr-Stadion aktivieren, essen, reden, nervös sein, ins Stadion kutschiert werden. Aufwärmen, Hymne mitsingen. Und loslegen. Mit dem Wissen, Deutschland unbedingt schlagen zu müssen. Sofern man Interesse an einem Vergleich mit Portugal hat, und das hat man. Sowie hoffen, dass sich die als Gruppensieger feststehenen Kroaten den Polen nicht wehrlos ergeben.

Die Aussagen der Kicker unterschieden sich nur unwesentlich, also pickt man Rene Aufhauser raus. "Das ist natürlich etwas Großartiges. Bei der Heim-EM den eigenen Traum wahrmachen zu können, selbst den Aufstieg schaffen zu können. Schöner geht's nicht." Vorausgesetzt, es geht überhaupt. Hickersberger hat Taktik und Aufstellung längst im Kopf, dort bleiben sie auch bis 90 Minuten vor Anpfiff.

"Es ist wie beim Schach. Die Eröffnung kann man planen. Dann weiß man aber nicht, was sich zum Beispiel ein dreifacher Weltmeister einfallen lässt." Deshalb ist auch dieser Fußball vorerst Spekulation: 3-5-2 oder doch 4-4-2. Bei der ersten Variante, die am 6. Februar beim 0:3 abgesehen vom Resultat geklappt hat, könnte Martin Hiden den gesperrten Sebastian Prödl ersetzten. Es ist nicht auszuschließen, dass Stürmer Roland Linz keine dritte Chance erhält. Nicht nur nebenbei zollte Hickersberger Menschen wie Michael Ballack Respekt: "Deutschland ist der größte und der schönste Gegner."

Das 3:2 am 21. Juni 1978 in Córdoba war übrigens Hickersbergers letzte Partie als Teamspieler. Das Match am 16. Juni 2008 in Wien könnte sein letztes als Teamchef sein. Einige deutsche Journalisten würden ihn gerne mit heim nehmen. Und Joachim Löw ungefragt in Stegersbach lassen. (Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe 16.06.2008)

Gruppe B:

  • Österreich - Deutschland Wien, Ernst-Happel-Stadion, 20.45 Uhr/live ORF1, SR Manuel Mejuto Gonzalez/ESP).

    Österreich: 21 Macho - 17 Hiden, 3 Stranzl, 4 Pogatetz - 14 Garics, 6 Aufhauser, 10 Ivanschitz, 19 Säumel, 5 Fuchs - 20 Harnik, 9 Linz Ersatz: 1 Manninger, 23 Özcan - 12 Gercaliu, 13 Katzer, 16 Patocka, 2 Standfest, 8 Leitgeb, 11 Korkmaz, 7 Vastic, 18 Kienast, 22 Hoffer Es fehlt: 15 Prödl (gesperrt)

    Deutschland: 1 Lehmann - 4 Fritz, 17 Mertesacker, 21 Metzelder, 16 Lahm - 18 Borowski, 8 Frings, 13 Ballack, 15 Hitzlsperger - 11 Klose, 20 Podolski Ersatz: 12 Enke, 23 Adler - 2 Jansen, 3 Friedrich, 5 Westermann, 6 Rolfes, 9 Gomez, 10 Neuville, 14 Trochowski, 19 Odonkor, 22 Kuranyi Fraglich: 2 Jansen (Zerrung in der Schulter) Es fehlt: 7 Schweinsteiger (gesperrt)