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Bewegung an der Tankstelle: Im Jahresvergleich haben sich die Ölpreise deutlich auf die Sprit- und Heizölpreise ausgewirkt.

Foto: APA/dpa/Kay Nietfeld

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Der Ölpreis hat am Montag einen neuen Rekord erreicht und liegt nur mehr knapp unter 140 Dollar je Fass (159 Liter). Experten halten trotz angekündigter Förderanhebungen Saudi-Arabiens einen weiteren Anstieg für möglich. Auch als Folge der hohen Spritpreise ist die Inflation in Österreich im Mai auf 3,7 Prozent gestiegen, den höchsten Stand seit 15 Jahren. Die Realeinkommen sinken nun nach langer Zeit wieder.

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Wien – Die Österreicher müssen heuer den Gürtel enger schnallen: Steigende Lebensmittelpreise und ein neuerlicher Teuerungsschub bei Energie haben die Inflationsrate im Mai auf 3,7 Prozent schnalzen lassen. Das ist der höchste Wert seit 15 Jahren, gab die Statistik Austria bekannt.

Die Teuerung führt dazu, dass die Konsumenten weniger in der Brieftasche haben. Die Bruttolohnerhöhungen von rund 3,3 Prozent werden von den höheren Preisen aufgefressen. Dazu kommt die steigende Steuerbelastung wegen des Erreichens höherer Tarifstufen: "In Summe gab es im ersten Quartal einen Rückgang der realen Nettolöhne von 0,5 Prozent. Für das Gesamtjahr rechne ich sicher nicht mit Steigerungen, eher mit einem Minus", sagte der Experte des Wirtschaftsforschungsinstituts Ewald Walterskirchen im Gespräch mit dem STANDARD. Auch Josef Christl, Direktor der Nationalbank, prognostiziert negative Realeinkommen.

Die Wirtschaftsforscher werden nun ihre Prognosen für die Inflation, die heuer bei rund drei Prozent liegen, anheben müssen. IHS-Chef Bernhard Felderer sprach überdies von einem Revisionsbedarf im kommenden Jahr. Walterskirchen hofft aber noch auf eine leichte Erholung im zweiten Halbjahr. Er gibt allerdings zu bedenken, dass dann höhere Gaspreise drohen und die Einbremsung an der Ölpreisfront zunichte gemacht werden könnten.

Die aktuelle Teuerung ist neuerlich eine Folge der Sprit- und Lebensmittelpreise. Während Superbenzin um 18 Prozent teurer wurde, stieg der Dieselpreis exakt doppelt so stark an. Der Bereich Verkehr verursachte ein Drittel der Inflation. Noch kräftiger, um 42 Prozent, fiel die Geldentwertung bei Heizöl aus. Nahrungsmittel verteuerten sich um 6,9 Prozent, womit der Bereich für ein Viertel der Teuerung verantwortlich zeichnet. Gustostückerln der Sparte sind Teigwaren, die im Mai 2008 um 41 Prozent mehr kosteten als ein Jahr zuvor. Während Milch billiger wurde, verteuerte sich Butter um 14 Prozent. Am sauersten steigt den Konsumenten allerdings der Preis für Zitronen auf, der um 49 Prozent zulegte.

Gefälle im Euroraum

Laut Felderer erhöht sich nun der Druck auf die Europäische Zentralbank, die Zinsen zu erhöhen. Damit sollte auch das hohe Geldmengenwachstum gedämpft werden, das zuletzt über zwölf Prozent lag. Die EZB begibt sich damit auf einen schmalen Grat, wird doch die Abkühlung der Konjunktur durch höhere Zinsen beschleunigt. Allerdings dürfte ihr bei einer Teuerung von 3,7 Prozent im Euroraum – angepeilt werden höchstens zwei Prozent – nichts anderes übrigbleiben.

Nicht gerade erleichtert wird die Entscheidung durch die unterschiedlichen Konjunktur- und Inflationsentwicklungen innerhalb der Eurozone. Slowenien wies mit 6,2 Prozent den höchsten Wert auf, gefolgt von Belgien (5,1), Griechenland (4,9) und Spanien (4,7). Deutschland blieb mit einer Teuerung von 3,1 Prozent deutlich unter dem Durchschnitt.

"Die Inflation ist unsere größte wirtschaftliche Sorge", sagte eine Sprecherin der EU-Kommission. Die Europäische Zentralbank (EZB) warnte davor, den Kaufkraftverlust durch übermäßige Lohnerhöhungen auszugleichen. Auch Felderer befürchtet nun höhere Anpassungen der Kaufkraft durch die Gewerkschaften, wenngleich die österreichischen Vertreter diesbezüglich traditionell zurückhaltend seien. Die Währungshüter befürchten, dass die Unternehmen die höheren Lohnkosten an ihre Kunden weitergeben und so die Inflation zusätzlich anheizen.

Auch im Euroraum waren hohe Ölpreise der größte Preistreiber. Die Energiepreise zogen deshalb um 13,7 Prozent an. Weil sich Öl seither auf 140 Dollar je Fass weiter verteuerte, sagen Experten für Juni eine neue Rekordinflation voraus. "Wir könnten dann eine Rate von 3,8 oder 3,9 Prozent sehen", erklärte UniCredit-Analyst Marco Valli. Auch markante Steigerungen bei Großhandelspreisen lassen keine Entspannung der Situation erwarten. (as, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.6.2008)