Das Kraftwerk Aschach in Oberösterreich wird derzeit saniert.

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Das Trinkwasser der Wiener legt in der Wiener Hochquellwasserleitung rund 200 Kilometer zurück. 36 Stunden lang sprudelt das Wasser vom steirischen Hochschwab bis in die Bundeshauptstadt. Die Leitungen bestehen großteils aus steinernen Stollen und führen über 100 Aquädukte und durch 19 sogenannte Düker – unter der Erde verlegte Gussrohrleitungen. Der Höhenunterschied reicht aus, um es, ohne zu pumpen, bis zum Ziel zu transportieren. So manches Bauwerk aus der Errichtungszeit säumt heute noch den Weg – eines davon liegt in Mauer. Das romantische denkmalgeschützte Gebäude am Rande des Lainzer Tiergartens beinhaltet allerdings mehr moderne Technik, als es die Hülle vermuten ließe. Ein neues Kraftwerk verwandelt hier den Druck des Wassers in Strom. "Etwa 1000 Haushalte können mit der überschüssigen Energie des Hochquellwassers versorgt werden" erzählt Thomas Feige, Projektleiter bei Siemens. Die eigens gegründete Hochquellstrom Vertriebs GmbH finanzierte das Kraftwerk. Die 1,25 Mio. Euro sollen sich in 13 Jahren amortisieren.

Diese Art von Modernisierung ist allerdings bei den heimischen Wasserkraftwerken nicht unbedingt Alltag. In der Regel fallen während der rund 70- bis 100-jährigen Lebenszeit alle paar Jahrzehnte größere Servicearbeiten an. "Nach rund 25 bis 30 Jahren empfiehlt es sich, aufgrund des technischen Fortschritts, die Generatoren und Turbinen auszutauschen", sagt Alexander Schwab von VA-Tech Hydro. Nach zwanzig Jahren stehe die Leittechnik auf dem Sanierungsprogramm und nach dreißig Jahren sei eine Generalüberholung notwendig. "Das ist wie bei einem Auto", so Schwab: "Natürlich kann ich es 25 Jahre fahren, aber wenn ich das Fahrzeug nach fünf Jahren tausche, so wird sich das in der höheren Effizienz und im geringeren Energieverbrauch niederschlagen."

Modernisierungsbedarf

In Österreich sind laut Voith Siemens Hydro Power rund 11.700 MW (Megawatt) Wasserkraft installiert, Kleinwasserkraftwerke nicht mitgezählt (zum Vergleich: die Wiener Freudenau bringt es auf 172 MW). Davon hätten rund 5000 MW aufgrund des Alters und der Einsatzzeit Modernisierungsbedarf, glaubt Voith-Siemens-Geschäftsführer Leopold Heninger. Ein Quantensprung an Effizienzsteigerung sei mit der Revitalisierung der bestehenden Kraftwerke allerdings nicht zu erzielen, so Heningers Einschätzung: "Eine Modernisierung heißt im Wesentlichen Verlängerung der Lebensdauer. Die mögliche Steigerung der Effizienz in Sachen Energieerzeugung beläuft sich auf drei bis fünf Prozent bei einem Tausch des Turbinenlaufrads bzw. großer Teile der Turbine und bei einer Erneuerung der Generatoren." Als Gesamtpotenzial bei einer vollkommenen Erneuerung der 5000 MW könne somit grob geschätzt eine Größenordnung von rund 200 MW erzielt werden. Der geschätzte Investitionsaufwand: eine Milliarde Euro in den nächsten fünf bis 15 Jahren. Zu bedenken gibt er, dass aufgrund der neuen EU-Wasserrahmenrichtlinie der genutzte Durchfluss durch die Turbinen verringert würde, "womit die effizienzsteigernden Maßnahmen teilweise wieder aufgehoben werden und sich unter dem Strich wohl eher ein Nullsummenspiel ergibt."

Gutes Zeugnis

Insgesamt stellen die Kraftwerksbauer den heimischen Wasserkraftwerken im Europavergleich ein durchwegs gutes Zeugnis aus. Die Liberalisierung Anfang der 90er-Jahre habe die Modernisierung etwas gebremst, so Heninger: "In den letzten Jahren hat aber auch die Diskussion um die Energieeffizienz wieder Schwung in die Erneuerung gebracht." Schon im eigenen Interesse seien die Elektrizitätsversorger daran interessiert, die Schlagkraft der Anlagen zu erhöhen, bestätigt Franz Schwarzmann, Energieexperte bei Siemens Österreich. VA-Tech-Hydro-Mann Schwab sieht Erneuerungspotenzial eher in den osteuropäischen Ländern oder auch in Großbritannien. Hierzulande läge es – so Schwarzmann und Schwab unisono – bei den _(bei Kritikern umstrittenen) Pumpspeichern wie dem bereits in Bau befindlichen Projekt Kaprun Limberg II des Verbund (480 MW für 400 Mio. Euro bis 2012) oder Kopswerk II der Illwerke (450 MW Leistung). Ob man in Sachen Kraftwerksbau bereits den Stein der Weisen gefunden habe, "weiß man immer erst, wenn man den nächsten findet", sagt Schwarzmann: "Aber man ist recht effizient". (Regina Bruckner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.6.2008)