Die SPÖ kann man sich wie eine Pyramide vorstellen. Breite Basis (3589 Ortsorganisationen und Sektionen, 114 Bezirksorganisationen, neun Länderparteien), eine Spitze. Bis Montag war das so. Alfred Gusenbauer thronte als SPÖ-Parteivorsitzender allein an der Spitze der roten Pyramide, nun wird ihm ein Parteichef für die „Geschäfte“ der Partei zur Seite gestellt.

Chef der SPÖ werden kann nur, wer vom Bundesparteitag, der mindestens alle zwei Jahre einberufen werden muss, gewählt wird. An die 600 Delegierte bestimmen im „höchsten willensbildenden Organ der SPÖ“ über ihren Primus inter Pares. Dabei ist das aktuelle SPÖ-Statut zwar Gender-korrekt, aber nicht pluralistisch – es spricht immer von „der/die Bundesparteivorsitzende“, nicht aber im Plural.

Eine Passage besagt zwar: „Ist der/die Bundesparteivorsitzende dauernd verhindert, hat der Bundesparteivorstand eine(n) der stellvertretenden Parteivorsitzenden mit der Geschäftsführung zu beauftragen.“ – Werner Faymann ist kein Partei-Vize, und „Dauernd verhindert“-Sein war wohl nicht der Grund für die außerordentliche Wendung in der SPÖ-Krise.

Außerordentliche Dinge sind meist Auslöser für außerordentliche Parteitage. So einen gab es 1988 nach Sinowatz’ Rücktritt zur Wahl eines neuen SP-Chefs (Vranitzky), da noch zu viel Zeit bis zum nächsten ordentlichen Parteitag gewesen wäre – der nächste „ordentliche“ ist im Oktober. (Lisa Nimmervoll/DER STANDARD, Printausgabe, 17.6.2008)