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FotO: APA/Van Bakel
Wien - Was Nicolae vor dem Wiener Westbahnhof will, trägt er auf einem Schild vor dem Bauch: "Buy Tickets". Und dabei ist der junge Mann aus Rumänien gar nicht wählerisch, denn welches Spiel, ist ihm egal. Ob er die Tickets für sich persönlich brauche oder weiterverkaufe? "Wir sind eine Gruppe von Freunden", antwortet er ausweichend.

Paul aus England macht hingegen aus seinem kleinen Nebengeschäft, das mit etwas Glück ein großes werden könnte, kein Geheimnis. Auch er sucht gut beschildert noch EURO-Tickets, um sie danach mit Gewinn an den Fan zu bringen. Montagmittag lag sein maximaler "Einkaufspreis" für das Spiel Österreich gegen Deutschland bei 600 Euro. "Vielleicht auch 700", meint Paul (offizieller Preis: 45 bis 110 Euro). Finaltickets (offiziell: 160 bis 550 Euro) würden auf der Straße derzeit um 1000 Euro eingekauft. Doch je nachdem welche Teams ins Endspiel kämen, könnte der Preis wesentlich höher werden. Die Gewinnspanne nach dem Wiederverkauf bleibt Geschäftsgeheimnis.

Polizei und Vertreter der UEFA machen regelmäßig Kontrollen, um den Schwarzhandel zu unterbinden. Aber der Nachweis, dass jemand in großem Stil Tickets verscherbelt, ist nicht einfach zu erbringen. Bisher hat die UEFA aber immerhin 20.000 Karten storniert, weil sie zweifelsfrei auf dem Schwarzmarkt gehandelt wurden.

Gewinn nur für Gewerbetreibende

Prinzipiell dürfen Tickets weiterverkauft werden. Aber nur wer die gewerbliche Berechtigung hat, darf damit auch Gewinn machen. Außerdem bauen viele Unternehmer rund ums Ticket ein Programm, wie Cocktailempfang und Transfer zum Stadion, und das ist auf jeden Fall frei kalkulierbar.

"Ich wüsste nicht, was daran klagbar wäre", meinte Roland K., der Inhaber einer Wiener Reiseagentur, zum Standard. Bei ihm gingen die letzten Montag-Tickets für jeweils 600 Euro weg. Für Eintrittskarten fürs Finale verlangt er bis zu 2500 Euro. Plus 20 Prozent Umsatzsteuer, denn K. macht "nichts ohne Rechnung".

Professionelle Schwarzhändler, die ganze Kontingente von Karten aufkaufen, die die UEFA auch nicht teilnehmenden Staaten zugesteht, seien in Wien noch nicht in Erscheinung getreten, sagt die Polizei. Betrüger gibt es dagegen gar nicht so wenige: Alleine am Sonntag gab es drei Fälle von Ebay-Verkäufern, die zwar Tickets verkauft haben - aber gar keine hatten.

Fast 1000 Angebote gab es am Montag bei der Versteigerungsplattform im Internet. Bis zu 2600 Euro wurden für ein Finalticket geboten, bis zu 1000 Euro für Österreich-Deutschland. "Es werden 20.000 Deutsche im Stadion erwartet, obwohl der Deutsche Fußballbund nur 12.000 Karten hatte. Irgendwo müssen die anderen Tickets hergekommen sein", merkt ein Wiener Polizist an.

Peinlicher Landesrat-Deal Strafrechtlich relevant ist der kleinteilige Ticketverkauf übrigens nicht. Deshalb hat der Vorarlberger Sportlandesrat Siegmund Stemer (VP), der zwei Tickets im Wert von 220 Euro um 350 Euro weiterverkauft haben soll, auch nichts zu befürchten. Nach der jüngsten Version hat aber ohnehin nicht er, sondern der Leiter des Sportreferates im Amt der Landesregierung, Martin Kessler, den peinlichen Deal durchgezogen. Der "Gewinn" sei inzwischen ans Vorarlberger Kinderdorf gespendet worden, hieß es. (Michael Möseneder, Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe, 17.6.2008)