Alfred Gusenbauer ist nicht der erste SP-Kanzler, der sich des Rückhalts in der Partei nicht sicher sein kann. Im Jänner 1985 war Fred Sinowatz in einer ähnlichen Situation: Nachdem der letzte Kriegsheimkehrer, der als Kriegsverbrecher in Italien eingesperrte Walter Reder, vom FP-Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager in Graz empfangen worden war, wollte ein Teil der SP-Regierungsmannschaft die Koalition mit der FPÖ aufkündigen. Die Ministerratssitzung am 30. Jänner 1985 musste unterbrochen werden.

Verstaatlichtenminister Ferdinand Lacina war der Scharfmacher, Minister Karl Blecha wollte Neuwahlen. Sinowatz versicherte sich der Unterstützung der Länder und drohte, gar nicht mehr in den Ministerrat zurückzugehen. Das wirkte. Man bat ihn, zu bleiben.

Die Koalition war gerettet. Am selben Abend demonstrierten die Jusos unter Alfred Gusenbauer dagegen. Sinowatz übergab erst am 8. Juni 1986, nach dem Wahlsieg von Bundespräsident Kurt Waldheim, an Franz Vranitzky - der im Jänner 1985 auf Lacinas Seite gewesen war. (cs/DER STANDARD, Printausgabe, 17.6.2008)