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Mit Flugdaten zu seinem Flug nach Barbados im Jahr 1993 wartete der mitangeklagte Spekulant Wolfgang Flöttl auf. Flöttl wollte damit untermauern, dass auf der Karibik-Insel damals doch eine Sitzung des Verwaltungsrats seiner Firma Morissa stattgefunden habe, an welcher der damalige Bawag-Vorstand Helmut Elsner teilgenommen habe.

Foto: APA/Schlager
Wien - Teilweise recht turbulent ging es heute, Dienstag im Bawag-Prozess zu. Mit Flugdaten zu seinem Flug nach Barbados im Jahr 1993 wartete der mitangeklagte Spekulant Wolfgang Flöttl auf. Flöttl wollte damit untermauern, dass auf der Karibik-Insel damals doch eine Sitzung des Verwaltungsrats seiner Firma Morissa stattgefunden habe, an welcher der damalige Bawag-Vorstand Helmut Elsner teilgenommen habe. Elsner bestreitet dies, er sei damals mit seiner Frau Ruth zu einem Urlaubsaufenthalt auf Barbados gewesen. An Flöttls Kurzbesuch könne er sich nicht mehr erinnern, Ruth Elsner hatte im Zeugenstand ausgesagt, Flöttl sei mit seiner Frau kurz vorbeigekommen.

Elsners Anwalt Wolfgang Schubert wunderte sich, dass Flöttl die 15 Jahre alten Flugdaten vorlegen könne, seine Bilanzen und seine Buchhaltung aus den Jahren der Verluste mit Bawag-Geldern aber nicht: "Bei Herrn Flöttl sind die Unterlagen verschwunden, aber er zieht immer wieder Unterlagen aus dem Hut", ortet der Anwalt ein selektives Vorgehen des Spekulanten. Die Staatsanwaltschaft nehme dies so einfach zur Kenntnis, wunderte sich Schubert. "Es wird aus Sicht der Staatsanwaltschaft auf diesen Umstand Bedacht zu nehmen sein", meinte Staatsanwalt Georg Krakow.

Nächtliche Sitzung

Flöttl war demnach mit seinem Privatflugzeug auf Barbados gekommen und hielt sich dort von 9 Uhr abends bis Mitternacht drei Stunden lang auf. "Das ist eine typische Zeit für eine Aufsichtsratssitzung", stichelte Elsner. Flöttl beharrte darauf, es habe eine Morissa-Sitzung stattgefunden. Die Morissa war eine Gemeinschaftsfirma von Flöttl und der Bawag in der Phase der Karibik-1-Geschäfte. Elsner sowie der zweite Morissa-Verwaltungsrat Jeffrey Taylor (der unterdessen verstorben ist, Anm.) seien damals sogar mit der Concorde nach Barbados geflogen. Elsner widersprach wieder, er könne sich an den Anflug gar nicht mehr erinnern. An einen Concorde-Flug erinnere er sich nur im Zusammenhang mit einer Reise zu Weltbank und Währungsfonds nach Washington, weil nämlich sein Gepäck damals verloren ging und er sich in Kürze für die Sitzungen neue Kleidung beschaffen musste. Dies sei vermutlich im Jahr 1998 gewesen.

Verwarnung an Elsner

Richterin Claudia Bandion-Ortner erteilte Elsner heute wieder einmal eine Verwarnung. Elsner kritisierte die Richterin und warf ihr wie schon gestern vor, sie veranstalte im Gerichtssaal eine "Show". "Ich diskutiere mit Ihnen nicht über meinen Verhandlungsstil", entgegnete die Richterin und erteilte Elsner eine "ernsthafte Verwarnung".

Elsner empörte sich über die Fragen an ihn und auch darüber, dass die Richterin eine Zwischenlandung bei einem Urlaub von Elsners Familie mit Flöttl jun. im Gerichtssaal breit erörtert habe. Laut Flöttl musste bei der Zwischenlandung Elsners Hund Gassi gehen, was Elsner bestritt. "Das hat Dr. Flöttl ins Spiel gebracht, nicht ich", meinte die Richterin. Sie werde Elsner aber nicht aus dem Saal verweisen, weil er dies ja geradezu wolle.

Letzte Fragen

Zuvor wurde Casinos-Austria-Finanzvorstand Josef Leutgeb als Zeuge befragt. Leutgeb sagte vermutlich als letzter Zeuge im Prozess aus. Leutgeb bestätigte, dass das Finanzamt die in der Casinos Austria-Bilanz erfolgten Abschreibungen des geschlossenen Casino in Jericho zunächst nicht anerkannt habe. Die Betriebsprüfung sei davon ausgegangen, dass der Beobachtungszeitraum seit der Schließung im Herbst 2000 noch zu kurz sei, um eine endgültige Abschreibung zu machen, erläuterte Leutgeb.

Erst ab dem Jahr 2003 wurden die Abschreibungen auf das Casino Jericho dann auch vom Finanzamt anerkannt. Die Handelsbilanz der Casinos Austria wurde aber nicht an die Steuerbilanz angepasst, in der Bilanz 2002 blieb also noch die Abschreibung, die in der Steuerbilanz nicht anerkannt wurde, erklärte der Zeuge, der bereits im Jänner dazu ausgesagt hatte.

Casino Jericho

Das Casino Jericho, ein Gemeinschaftsprojekt der Casinos, der Bawag und des Investors Martin Schlaff, musste im Zuge der Intifada im Oktober 2000 seinen Betrieb einstellen und wurde seitdem nicht mehr aufgesperrt. In der Bawag-Bilanz 2002 wurden die Kredite an die Casino Jericho-Gesellschaft CAP Holding nicht wertberichtigt, nach Ansicht des Sachverständigen Thomas Keppert hätte dies aber erfolgen sollen.

Hintergrund des ganzen Streits ist der Anklagepunkt Bilanzfälschung: Folgt man dem Gutachten Kepperts, hätte die Bawag in der Bilanz 2002 die Casino Jericho-Forderungen abschreiben müssen, was sie aber nicht getan hatte. Die Verteidigung des mitangeklagten Wirtschaftsprüfers Robert Reiter bestreitet dies und hat vorgebracht, dass das Finanzamt damals die Abschreibung zum Casino Jericho in der Casinos Austria-Bilanz nicht anerkannt hatte.

Fahrplan

Bandion-Ortner präzisierte heute den Fahrplan für die Endphase des Prozesses: Übermorgen, Donnerstag und am Montag nächster Woche finden noch reguläre Verhandlungen statt. Am nächsten Dienstag (24. Juni) sollen dann die Plädoyers beginnen: Den Anfang macht Staatsanwalt Georg Krakow, dann folgen Elsners Anwalt Wolfgang Schubert und die Verteidiger von Ex-Bawag-Chef Johann Zwettler.

Bis Donnerstag (26. Juni) sollen alle Verteidiger ihre Plädoyers halten. Am Montag darauf (30. Juni) sind die Schlussworte der Angeklagten geplant. Das Schöffengericht - zwei Berufsrichterinnen und zwei Laienrichterinnen - zieht sich dann zur Beratung zurück. Mit einem Urteil könne vermutlich am 3. oder 4. Juli gerechnet werden, erwartet die Richterin.

Mit einem Ausfall gegen Staatsanwalt Krakow, dem er Parteilichkeit zugunsten des mitangeklagten Spekulanten Wolfgang Flöttl vorwirft, ließ der Hauptangeklagte Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner heute aufhorchen. Flöttl habe einen Verteidiger und einen Staatsanwalt, ätzte der Angeklagte. "Der nun angesprochene Staatsanwalt hat in zwei Instanzen versucht, uns hinter Gitter zu bringen", verteidigte Flöttls Anwalt Herbert Eichenseder den Anklagevertreter.

Elsner wurde heute auch erneut zum Lombard-Club befragt, wo ein Strafverfahren gegen betroffene Bank-Chefs im Herbst 2003 mit Diversion und der Zahlung von Geldstrafen geendet hatte. "Ich habe das nicht bezahlt, das ist offenbar von der Bank bezahlt worden", betonte Elsner. "Warum wurde das von der Bawagfür Elsner bezahlt?" wunderte sich die Richterin und mutmaßte, dies könne den Tatbestand der Untreue darstellen. Staatsanwalt Krakow ermittelte, dass am 26. September 2003 offenbar 50.000 Euro von der Anwaltskanzlei des damaligen Verteidigers von Elsner bezahlt worden waren.

Verwirrung

Verwirrung entstand dann im Zuge einer weiteren Befragung des mitangeklagten Wirtschaftsprüfers Robert Reiter durch den Staatsanwalt. Der frühere Prüfungsleiter bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, Florian Botschen, habe im Zuge der Bawag-Bankprüfung vieles gewusst, meinte Reiter. Als der Staatsanwalt sich dann Ermittlungen gegen Botschen vorbehielt, ruderte Reiter wieder zurück. Botschen, der im Verfahren als Zeuge befragt wurde, hatte im Herbst 2001 die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG verlassen. (APA)