Geärgert hat's ihn schon, gleichzeitig fühlte er sich geschmeichelt. Da konnte Wolfgang Anzengruber lesen, er sei als neuer Verbund-Chef fix. Verhandelt hatte zu dem Zeitpunkt aber noch keiner mit ihm. Inzwischen ist auch das nachgeholt. Anzengruber kommt nach Wien und wird Chef von Österreichs größtem Stromkonzern Verbund.

Gewissermaßen ist es eine Rückkehr. Anzengruber (51), der im oberösterreichischen Garsten aufgewachsen ist und in Steyr die HTL besucht hat, wechselte nach seinem Grundwehrdienst 1977 an die TU Wien, wo er Maschinenbau und Betriebswissenschaften belegte. Gewohnt hat er im Pfeilheim in der Josefstadt, wo er auch seine spätere Frau, Susanne, kennenlernte.

Auch eine seiner drei Töchter, die zwecks Studiums von Salzburg nach Wien übersiedelt ist, blieb dem achten Bezirk treu; sie wohnt ebenfalls im Pfeilheim. "Das Dirndl muss sich auf eigene Beine stellen", hat Anzengruber in einem Gespräch mit dem Standard einmal gesagt und gleich nicht ohne Stolz hinzugefügt: "Sie macht das sehr gut."

Frühere Mitarbeiter von Anzengruber geraten regelrecht ins Schwärmen, wenn sie über ihn befragt werden: "Ein großartiger Kollege" sei er, "als Chef unübertroffen", "blitzschnell in der Analyse", dabei "nie verletzend". Anzengruber sei "einer, der trotz Karriere nie die Bodenhaftung verloren hat und mit allen sprechen kann".

"Anzi", wie ihn manche nennen, hat sich nach dem Studium 1983 bei den Simmering-Graz-Pauker-Werken (SGP) beworben und hat dort als Projektmanager für Großkraftwerke begonnen. Der damalige Chef der SGP, Klaus Woltron, erkannte die Tüchtigkeit des aufgeweckten Burschen.

Nach zwei Jahren holte ihn Woltron - inzwischen Chef von Asea Brown Boveri (ABB) - als Geschäftsführer zur ABB Industrie GmbH. Von dort ging Anzengruber als kaufmännischer Vorstand zur ABB Energie AG, die sich schwergewichtig mit Kraftwerks- und Leitungsbau beschäftigt. Bevor der Sohn eines Steyr-Werke-Arbeiters und einer Hausfrau sein Meisterstück lieferte - die Fusion der (roten) Salzburger Stadtwerke und der (schwarzen) Safe zur Salzburg AG -, war Anzengruber noch zwei Jahre lang Mitglied der Geschäftsleitung von ABB Österreich.

Seit 2004 hält der passionierte Hobby-Zeitgeschichtler und Morgensportler (Laufen) den Kranhersteller Palfinger auf Expansionskurs. Beim Verbund kann er sich diesbezüglich ausleben, wenn die Politik ihn lässt. (Günther Strobl, DER STANDARD, Printausgabe, 18.6.2008)