Hochwasserexperten befürchten, dass eine Jahrhundertflut auf China zukommt

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Noch sind von den Wassermassen vor allem Einzugsgebiete in Südchina betroffen

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Es gibt bereits öffentliche Befürchtungen, dass die Flutkatastrophe im Hochsommer auf Zentralchina und auf den Yangtse-Strom überspringen könnte

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Chinas schwer heimgesuchte Bevölkerung kommt im Olympia-Jahr 2008 nicht mehr zur Ruhe. Regenstürme und Flüsse, die ihre Dämme sprengen, bedrohen weite Landstriche der dicht besiedelten Küstenprovinz Guangdong und des Perlflussdeltas. Die von der Nachrichtenagentur Xinhua als Südchinas schlimmstes Hochwasser seit einem halben Jahrhundert bezeichnete Flut scheint nur der Anfang einer neuen Wasserkatastrophe zu sein, die sich weiter nach Mittelchina ausdehnt.

Es gibt bereits öffentliche Befürchtungen, dass die Flutkatastrophe im Hochsommer auf Zentralchina und auf den Yangtse-Strom überspringen könnte. Dann würde sie selbst für ein 1,3-Milliarden-Menschen-Land wie China so groß werden, dass ihre Bekämpfung alle Kräfte erfordern würde und sie die Olympischen Spiele überschatten könnte. Ein Leitartikel der Parteizeitschrift Liaowang spiegelt die Sorgen Pekinger Planer wider, dass das Land mit zu vielen Unglücken und Krisen zugleich fertig werden müsse.

Verfrühte Flutzeit

Chinas jährliche Flutzeiten folgten diesmal zu früh und auf die Eis- und Schneekatastrophe vom Anfang des Jahres. Noch sind vor allem Einzugsgebiete in Südchina betroffen, wo rund sechs Millionen Menschen den Regengüssen ausgesetzt sind. Die seit 25 .Mai verfrüht eintretenden Unwetter und die von ihnen ausgelösten Erdrutsche kosteten bisher 169 Menschen das Leben. Mehr als eine Millionen Menschen mussten in höhergelegenen Regionen Obdach suchen.

72.000 Menschen aus Erdbebengebiet in Sicherheit gebracht

Aus Angst vor Überschwemmungen und Erdrutschen haben die chinesischen Behörden 72.000 Menschen aus dem Erdbebengebiet im Südwesten des Landes in Sicherheit gebracht. Das meldete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua am Donnerstag. Im Süden des Landes, wo die Regenfälle bislang mit am stärksten sind, starben demnach mindestens 176 Menschen. Mehr als 50 Personen würden noch vermisst.

Im Erdbebengebiet ist die Situation besonders kritisch, weil dort Millionen Menschen wegen der Naturkatastrophe in provisorischen Unterkünften leben. Bei dem Beben Mitte Mai kamen mehr als 69.000 Menschen ums Leben.

Neue Regenfronten

Nun verwüsten neue Regenfronten ein Unwettergebiet, das sich auf 15 Provinzen erstreckt. Brüchige Dämme und überlaufende Wasserreservoire bedrohen auch Chinas zweitlängsten Strom, den Gelben Strom. In seinem Einzugsgebiet im unteren Mittellauf fielen bis zu 50 Prozent mehr Regen als in den vergangenen Jahren.

Angst vor Jahrhundertflut in China Hochwasserexperten befürchten, dass eine Jahrhundertflut auf China zukommt. Pekings nationale Flutkontrollbehörden stellten am Wochenende eine Namensliste der 1368 Funktionäre von den Provinzchefs bis zu Kreisleitern ins Internet, die von der Regierung persönlich haftbar gemacht werden für rechtzeitig ergriffene Notmaßnahmen zum Schutz vor Fluten; alle großen Flüsse, Staudämme und Städte des Landes gilt es zu überwachen. Chinas Führung, so kommentierte Liaowang, habe die Lehren aus der Eiskatastrophe Anfang 2008 gezogen, als in den Regionen nicht rechtzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet wurden.(Reuters/Johnny Erling/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18. Juni 2008)