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Bei Alpha-Zertifikaten werden zwei "konkurrierende" Werte ins Rennen geschickt. Ertrag wird nur dann erzielt, wenn der "top-gesetzte" Wert relativ besser abschneidet.

Foto: EPA/Alqasmi
Ende des Jahres 2005 brachte die Schweizer Bank Vontobel das erste so genannte Alpha-Zertifikat auf den Markt. Ziel war es, Erträge zu erwirtschaften, ohne Rücksicht auf die tatsächliche Marktbewegung. Die zu dieser Zeit vorherrschende gute Stimmung am Markt brachte den Anlegern aber nicht immer die erhofften Renditen. "Tatsächlich hat sich gezeigt, dass die Kunden Alpha Produkte vor allem in unsicheren Marktphasen nachfragen", erklärt Birgit Lutzenberger, Zertifikate-Expertin der HVB. Ein Breitenprodukt seien die Alpha-Zertifikate aber noch nicht geworden, meint Markus Kaller, Zertifikate-Experte bei der Erste Bank.

Alpha-Zertifikate greifen auf mehrere Mechanismen des Finanzmarktes zurück und kombinieren sie zu einem handelbaren, für Anleger erwerbbaren Produkt. Rein technisch funktionieren Alpha-Zertifikate nach dem Prinzip "Hedging". Der "top-gesetzte" Wert wird gekauft. Gleichzeitig wird der Relationswert leer verkauft (oder "geshortet"). Das bedeutet, es wird ein Wertpapier verkauft, welches gar nicht im Depot des Verkäufers ist. Es wird quasi ausgeliehen, um später zu einem günstigeren Kurs wieder zurückgekauft zu werden.

In der Finanzwelt wird mit dem griechischen Buchstaben Alpha die Mehrrendite gegenüber einem Vergleichsindex oder dem Gesamtmarkt bezeichnet. Das heißt: Für ein Alpha-Zertifikat ist nicht relevant, ob ein Titel, Index usw. in seinem Wert steigt oder sinkt, sondern lediglich, dass er sich besser als der Vergleichswert entwickelt. So kann beispielsweise in einem Zertifikat eine Aktie gegen eine andere, eine Aktie gegen einen Index, ein Index gegen einen anderen, Devisen gegeneinander usw. ins Rennen geschickt werden. Die Möglichkeiten sind vielfältig.

Marktneutralität

Bei jeder Art von Veranlagung sieht man sich zwei verschiedenen Arten von Risiko gegenüber. Einerseits dem systematischen, dem Marktrisiko. Makroökonomische Tendenzen, allgemeine wirtschaftliche oder politische Grundvoraussetzungen, Krisen oder auch positive Entwicklungen können die Märkte weltweit unterstützen oder belasten. Auf der anderen Seite besteht natürlich auch immer das Wertpapier-immanente Risiko: Wie entwickelt sich das Unternehmen? Gibt es Krisen, verliert es Aufträge, kommt es zu Managementfehlern usw.

Während beim klassischen Investieren in Aktien oder Fonds das Vertrauen auf steigende Kurse immer vorhanden sein muss, streben Alpha-Zertifikate eine "marktneutrale" Stellung an. "Der Vorteil liegt vor allem darin, dass man mit Alpha-Zertifikaten unabhängig von der Gesamtmarktsituation investieren kann", sagt Birgit Lutzenberger. Durch die Long-Short-Position heben sich im Idealfall Gewinn und Verlust innerhalb des Zertifikates auf. Das Marktrisiko soll so minimiert werden. Das heißt: Auch wenn die Stimmung am Kapitalmarkt mies ist und die Kurse in einer Abwärtsspirale gefangen sind, tut das Alpha-Zertifikaten nicht unbedingt weh. Solange sich nur der Wert, auf den gesetzt wurde, besser entwickelt als die Benchmark.

Ein fiktives Beispiel: Angenommen ein Anleger ist der Meinung, die Aktien der Spendierhosen AG werden sich besser entwickeln als der ATX. Diese "Wette" wurde von einem Emittenten in einem Alphazertifikat verbrieft, welches der Anleger erwerben kann. Unabhängig davon, ob die Spendierhosen-Aktie nun steigt oder fällt, solange sie nur relativ besser abschneidet als der ATX, wird ein Ertrag erzielt.

Risiken

Das klingt soweit sehr gut. Aber genau darin liegt auch das größte Risiko der "Alphas". Geht nämlich die Wette nicht auf und der favorisierte Wert entwickelt sich schlechter als der Vergleichswert, so drohen Kursrückgänge. Sogar ein Totalverlust ist möglich. Bitter ist das vor allem dann, wenn die Aktie zwar Gewinne verbucht, aber die Benchmark in der selben Zeit stärker gestiegen ist.

Somit sei die zentrale Frage die Auswahl der Werte, die gegeneinander laufen, erklärt Markus Kaller. Markttrends können zwar recht gute Indikatoren sein und auch den zukünftigen Verlauf des Geschehens skizzieren. Aber sie sind und bleiben Trends, und diese können bekanntlich kippen. Die viel gepriesene Marktneutralität bleibt damit ein hehres Ziel, dem Anleger mit Alpha-Zertifikaten ebenfalls nur nahe kommen können.

Um erfolgreich in Alpha-Zertifikaten zu investieren, muss, neben einem gewissen Vertrauen gegenüber dem Emittenten, auch der Einblick des Anlegers in die aktuellen und technischen Gegebenheiten des Marktes vorhanden sein. Wie bei allen Zertifikaten profitiert man auch bei den Alphas vom Know-how einer Analyse-Abteilung eines Finanzinstituts. Nichtsdestotrotz ist Eigenverantwortung und Detailwissen über die Basiswerte von Bedeutung. (rom, derStandard.at, 18.6.2008)