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Zur Person

Johannes Karel zu Schwarzenberg wurde am 10. Dezember 1937 in Prag geboren. 1948 musste er mit seinen Eltern aus der Tschechoslowakei fliehen. Schwarzenberg maturierte in Wien und unterstützte vor allem nach der Niederschlagung des Prager Frühlings die Opposition.

Am 10. Juli 1990 wurde er Kabinettschef ("Kanzler" ) des tschechischen Präsidenten Václav Havel. Am 9. Januar 2007 ernannte Staatspräsident Václav Klaus auf Vorschlag der Grünen Schwarzenberg zum Außenminister der Regierung Topolánek.

Foto: AP /Charles Dharapak
Eine geplante Gipfelerklärung sieht vor, dass die Ratifizierung des Vertrages von Lissabon zügig fortgesetzt wird. Tschechien wird da nicht zustimmen, sagte Außenminister Karl Schwarzenberg im Gespräch mit Michael Moravec.

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STANDARD: Tschechien gilt bei den noch anstehenden Ratifizierungsprozessen in acht EU-Staaten als Wackelkandidat. Staatspräsident Václav Klaus hat den Reformvertrag bereits als "tot" bezeichnet. Ist er das?

Schwarzenberg: Vorderhand muss sich die Situation erst einmal beruhigen. Und unser Verfassungsgerichtshof muss ja erst prüfen, ob der Vertrag von Lissabon überhaupt mit dem tschechischen Recht kompatibel ist. Das wird noch einige Monate dauern. Dann werden wir weitersehen. Und Verträge, da bin ich mittlerweile draufgekommen, sterben nie.

STANDARD: Am Gipfel diese Woche soll eine Erklärung verabschiedet werden, der zufolge die acht Länder, die noch nicht ratifiziert haben, diesen Vorgang zügig weiterführen werden. Stimmt Tschechien da zu?

Schwarzenberg: Es ist sehr wichtig, dass alle Institutionen der EU der Versuchung widerstehen, jetzt Druck auszuüben. Das wäre kontraproduktiv. Der Druck ist schon groß genug, wir müssen ihn nicht auch noch zusätzlich steigern.

STANDARD: Das heißt, Sie werden eine entsprechende Gipfelerklärung verhindern?

Schwarzenberg: Wir werden nicht zustimmen. Das macht keinen Sinn.

STANDARD: Sind durch diese Position schon Rückschlüsse auf die prinzipielle Haltung Tschechiens zulässig? Könnte es zu einer Ablehnung im Parlament kommen?

Schwarzenberg: Warten wir erst einmal auf das Verfassungsgericht. Es gibt derzeit starke Elemente, die für eine Ratifizierung eintreten, und starke Stimmen, die dagegen sind. Wir werden sehen.

STANDARD: Durch die nun entstehenden Verzögerungen wird der Reformvertrag auch eines der bestimmenden Themen der tschechischen EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2009. Gibt es schon Vorstellungen, wie eine Lösung – mit oder ohne Irland – aussehen könnte?

Schwarzenberg: Ich habe kein Talent für Visionen. Ich verlasse mich lieber auf Fakten und ziehe meine Schlüsse. Aber ich will ganz sicher kein Europa ohne Irland. Es ist wichtig, dass Irland nun in Ruhe eigene Überlegungen anstellen kann. Wir müssen Irland Zeit geben. Druck auszuüben wäre schlecht, das ist das Dümmste, das man derzeit tun kann. Eile vonseiten der EU halte ich für nicht angebracht. (DER STANDARD, Printausgabe, 19.6.2008)