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Marco van Basten ist schon ein Europameister. Die Seinen sind auf dem Weg dorthin. Nur laut aussprechen darf das keiner.

Foto: Reuters/Kooren

Basel – Mein Gott, wie oft hat man das schon gesehen, verzweifelt, zornig, hadernd mit der Fußballgottheit. Da brilliert sich ein niederländisches Team – sagen wir, das von 1974 – mit ungeheurem Zauber durchs Turnier, und am Ende gewinnen – sagen wir’s wie Gary Lineker – die Deutschen.

Das und viele andere Ähnlichkeiten vor Augen habend, scheut man sich vor lobenden Worten gegenüber der aktuellen Mannschaft des Marco van Basten. Das klänge dann nämlich wie Verschreien, und dann würde die EURO 2008 wieder so zu Ende gehen: verzweifelt, zornig, hadernd mit der Fußballgottheit.

Holland hat bisher einen einzigen großen Titel. Es darf sich "Europameister 1988" nennen, gewann das Finale in München gegen die UdSSR 2:0. Das Tor zum Endstand erzielte damals übrigens ein gewisser Marco van Basten, und der hat als Bondscoach nun die große Chance – nein: die verdammte Pflicht – den Titel 20 Jahre später wieder zu holen.

Denn so, wie das Turnier bisher verlaufen ist, repräsentieren bloß drei der 16 Mannschaften die europäische Spitze. Neben Holland sind das die beiden Iberer. Falls es die Fußballgottheit gibt und die nicht von sadistischem Zynismus gelenkt wird, kommen die Finalisten aus diesem kleinen, wohlsortierten Kreis.

Wie sehr die Holländer schon versuchen, die Gottheit zu beschwören, zeigte am Dienstagabend auch das Spiel gegen Rumänien. Hätte Rumänien gewonnen, hätten die Holländer sich im Halbfinale den Weltmeister ersparen können. Aber, so Abwehrchef Joris Mathijsen, der beim Hamburger SV spielt: "Wir verlieren doch nicht mit Absicht, wir sind schließlich keine Deutschen."

Mutmaßungen in diese Richtung hat es gegeben, weil van Basten die Einsergarnitur schonte. Aber wenn er stattdessen Männer wie Heitinga, Van Persie, Robben oder Huntelaar hinausschickt, verbietet es sich von selbst, von einer Reserve zu sprechen. Dementsprechend beschwingt erledigten die Holländer ihren lustigen Job mit 2:0.

Vor der EURO hat man von der Gruppe D als eine, ja von der "Todesgruppe" gesprochen. Von einem Kampf auf Biegen und Brechen war allerdings nichts zu sehen. Die Holländer sammelten nicht nur neun Punkte, sondern auch neun Tore. Und auch wenn Italien gehörig schwächelnd und Frankreich quasi als sein eigener Schatten dahintaumelte – das sind immerhin der regierende Weltmeister und sein Vize.

Dieses von keinem Chef gelenkte, sondern von der vernetzten Intelligenz beseelte Team hat – hoffentlich – noch einiges vor. Robin van Persie deutet zumindest an, was: "Etwas ganz Großes." Aber wie gesagt: Wie oft hat man das schon gesehen, verzweifelt, zornig, hadernd. (wei - DER STANDARD PRINTAUSGABE 19.6. 2008))