Eigentlich hätte es das Hauptthema des EU-Treffens werden sollen: Die Diskussion über die hohe Teuerung und mögliche Maßnahmen zur Bekämpfung selbiger. Doch nach dem irischen Referendum bleiben die Gipfelstürmer in den tiefen Ebenen und müssen Basisfragen über die Grundlagen der Union klären.

Dabei hätte die Inflationsbekämpfung einige interessante Facetten. Vor allem die Reaktionen auf den hohen Ölpreis werden mit Spannung erwartet. Belgische Landwirte protestierten schon am Mittwoch gegen die Spritpreise. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy setzt auf Soforthilfen in Millionenhöhe und plädiert für niedrigere Mehrwertsteuern auf Ölprodukte. Österreich wird in Brüssel eine Spekulationssteuer auf Rohstoffe ins Spiel bringen. Durch eine Umsatzsteuer von 0,01 Prozent soll der Handel mit Finanzwerten, die auf Öl oder Agrarprodukten basieren (Derivate), verteuert werden. Weiters will Kanzler Alfred Gusenbauer die Abgabe zu einer Finanztransaktionssteuer ausweiten.

Die bisherigen Vorgespräche verliefen dazu aber nicht allzu vielversprechend. Zu Wochenbeginn stieß Ursula Plassnik (VP) bei der Vorbereitung des Gipfels im Kreise der EU-Außenminister mit der Idee auf Skepsis. Unter anderem wurde der Vorstoß auch von Deutschland abgelehnt, geht aus einem Protokoll des Außenamts vor, das dem Standard vorliegt.

Auch die von Paris vorgeschlagene Mehrwertsteuersenkung hat keine Chance auf Durchsetzung. Die EU-Kommission hält davon ebenfalls nichts: "Von einer Steuersenkung könnte für Ölproduzenten und Märkte fälschlicherweise das Signal ausgehen, dass die Verbraucher bereit und willens sind, weitere Preissteigerungen hinzunehmen, wenn ihre Regierungen Steuersenkungen beschließen", heißt es in einer internen Bewertung möglicher Reaktionen.

Angesichts dieser Diskrepanzen sind die bereits vorliegenden Schlussfolgerungen recht allgemein gehalten. Maßnahmen zur Abfederung der hohen Ölpreise sollten jedenfalls befristet und auf ärmere Bevölkerungsschichten konzentriert sein, heißt es im Entwurf der Erklärung.

Gusenbauer drängt auch noch auf ein stärkeres Bekenntnis zur Ökologisierung der Lkw-Maut und versucht Versuche abzuwehren, unter dem Deckmantel des Klimaschutzes die Atomkraft auf EU-Ebene zu forcieren. Die Schwerindustrie, die sich rasche Ausnahmen von der Ersteigerung von "Verschmutzungsrechten" erwartet, muss sich weiter gedulden - am Gipfel wird es dazu keine Vorschläge geben. In Deutschland werden die Weichen in Sachen Klima gestellt. Eine neues Paket sieht die Reduktion der Treibhausgase um 35 Prozent bis 2020 vor. (Andreas Schnauder/DER STANDARD Printausgabe, 19. Juni 2008)