Mit einem wie Max nicht zu können, dürfte ziemlich unmöglich sein. Weil Max nämlich mit jedem kann. Er ist - sozusagen - naturleiwand. Eine jener Gestalten, denen der Verlust des eigenen Nachnamens gar nicht auffällt: Solche wie Max duzen alles, was sich bewegt. Oder zu ihnen ins Taxi steigt. Max ist Taxifahrer. Einer jener, die derzeit durch Wien und TV-Österreich kurven. In Orange. Wow. "Haaaallo, ich bin der Max", sagt Max also, als er vor der STANDARD-Redaktion hält. Gerade so, als würde er nicht davon ausgehen, dass man weiß, dass Max Max und nicht etwa Robert oder gar Andrea ist. Schließlich ist man als orange TV-Figur ein Star. Medienpartner und die vorhergehende Konditionierung des Publikums garantieren, dass das hinhaut. Ein Alltagsmensch wie du und ich Max weiß das. Schließlich ist er im Alltag Schauspieler. Ein Alltagsmensch wie du und ich also. Nur als STANDARD-Fotograf Andreas Urban seine Kamera zückt, rutscht ihm ein "ist das eh abgesprochen?" heraus. So abgesprochen wie das echte Leben eben. Aber als Fahrer ... Nach der Schrecksekunde ist Max wieder ganz in seiner Rolle: Taxifahrer und TV-WG-Bewohner. Aber als Fahrer ist Max ein Debakel. Zehn Minuten vor dem Abholzeitpunkt, verlangen die ORF-Funktaxireservierungsbestätiger, möge man auf der Straße warten. Zehn Minuten nach dem Termin kommt das Taxi. Im echten Leben bekäme Max von seiner Zentrale jetzt eine über den kahlen Kopf gebrezelt. Macht nichts. "Reality" ist schließlich, was die Redaktion draus macht. Hauptstraße, Straße oder Steg? "Ich kenn mich in Wien nicht aus", lacht Max - als wolle er dafür gelobt werden. Dann versucht er, den Navigationscomputer zu füttern. Statt - wie per Internet geordert - "Döblinger Hauptstraße" schreibt er "Döblinger Straße" - der Computer bockt und offeriert den "Döblinger Steg". Aber im Fernsehen ist ohnehin der Weg das Ziel. Bloß: Max findet trotz GPS nicht in den 20. Bezirk. "Eine Mischung aus Computeranweisung und Intuition", hollert er, leite ihn. Immerhin kann er so in ziemlich vielen kleinen Gassen Passanten winken. "Ich bin höflich." Und die da draußen Telefonabstimmer. Die Million "Ein bisserl Bekanntheit" abzustauben, gibt Max während des Überfahrens einer Haltelinie und des Ignorierens kreuzender Radwege - also doch Reality-TV - zu, erhoffe er sich. Er habe früher bei ORF-Moderatorencastings mitgemacht und sei nun angerufen worden, mit zwölf anderen ebenso echten Allerweltstypen (drei Profimodels, ein paar bekannte Gesichter aus der Schicki- und Partyszene) eine WG zu bilden. Gewinnen? Darum geht es nicht. "Wenn ich gewinne, spende ich die Million." Kommt gut und tut nicht weh. Max gibt zu, dass "das in gewisser Weise natürlich ein Aufguss von Big Brother ist" - aber für ein paar Werbeauftritte und sonstige Kontopflegemaßnahmen wird es nachher wohl reichen. Melange orange Blöd ist er nämlich nicht, der Max: WG-Liedschreiben, Taxibundesligagründen und Schulterklopfkumpanei - den 08/15-Fraternisierungsschmäh "Du, ich kenn Dich sicher von irgendwo" kann er sich dann doch nicht ganz verkneifen - haben ihn bisher zum Favoriten der Zuseher gemacht. Nach ORF-Regeln heißt das am Ende der Woche "Lizenz zum Rausschmiss". 00-Max wird von den Kollegen daher wohl mit Glacéhandschuhen angegriffen werden: "Ich wüsste auch schon zwei, die ich rausschmeißen würde ..." Dennoch: Das Postulat von Superdraufsein und Leiwandness gilt immer. "Das ist der Unterschied zu Big Brother - wir sind Österreicher, bei uns rennt der Schmäh!" Max versteht das gar nicht als Drohung. Der ORF sei schließlich viel niveauvoller als RTL, "ein total rechter Sender". So tief wie die Kölner, meint Max, käme der öffentlichrechtliche Funk gar nicht, "die müssten graben". Irgendwann wird Max bei dem nicht mit dem ORF abgesprochenen Medienkontakt doch etwas mulmig: "Keine Ahnung, ob die mich jetzt raushauen." Nachdenkpause. "Aber der Redakteur im Kofferraum hätte mir schon ein Klopfzeichen gegeben, wenn was nicht passt." Immerhin hat der Unbekannte ORF-ler den Kandidaten kurz zuvor "Arschloch" genannt. Weil Max einmal zu heftig gebremst hat. Aber das geht sicher nicht auf Sendung. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.9.2000)