Isabella Reicher
Wien - Drogen, ihr Konsum und dessen Folgen - bevorzugt aus dem erweiterten Blickwinkel von Irvine Welsh - haben dem britischen Kino in den vergangenen Jahren, von Trainspotting bis Human Traffic , zu Kassenerfolgen und Aufsehen verholfen. Grasgeflüster nähert sich diesem bewährten Thema nun in Form einer Komödie, die berauschende Rauchwaren in ein eher ungewohntes Milieu verpflanzt und eine Witwe in den besten Jahren der Wirkung von Marihuana aussetzt. Grasgeflüster ( Saving Grace ) von Nigel Cole ist auch ein Star-Vehikel für Brenda Blethyn. Die 54-jährige britische Schauspielerin, die für ihre Rollen in Little Voice (1998) und Mike Leighs Secrets & Lies (1996) Oscar-Nominierungen und Darstellerpreise einheimste, hat zweifellos das Zeug zur Leading Lady. Allerdings weiß ihr aktueller Film Blethyns darstellerische Fähigkeiten nicht wirklich zu nutzen und begnügt sich im Großen und Ganzen mit einer klischeehaften "Lustige Alte"-Figur, die mit großen Augen zu jenen etwas abgelegeneren Seiten der Realität vordringt, die ihr bisher als brave, orchideenzüchtende Hausfrau verborgen waren: Grace muss sich nach dem Ableben ihres Ehemanns der unerfreulichen Tatsache stellen, dass ihr dieser Schulden in existenzbedrohender Höhe hinterlassen hat. Ihr Aushilfsgärtner Matthew (Craig Ferguson) bringt sie auf die Idee, ihre gute Hand für Grünpflanzen seiner traurig vor sich hinvegetierenden, illegalen Hanfplantage angedeihen zu lassen. Der Verkauf des Endprodukts würde beider Geldprobleme lösen. Grasgeflüster spielt in Cornwall. In der deutschen Synchronfassung geht allerdings ein gut Teil der regionalen Anspielungen verloren. Und man kann anhand der verbalen Verweise auf lokale, schottische oder Londoner Eigenheiten näherungsweise rekonstruieren, dass die sprachlichen und sonstigen Differenzen und ihr Aufeinandertreffen wohl einen wesentlichen, komischen Teil der Erzählung ausmachen. Was an Späßen übrig bleibt, sind berechenbare "Attraktionsmontagen" - am Ende taumeln Gesetzeshüter und ältere Damen mit Häkeljäckchen von freigesetzten Substanzen benebelt glückselig durch Graces Garten und der Effekt ist schnell verpufft. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22. 9. 2000)