Wien - Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (VP) verlangt von ölproduzierenden Staaten mehr Rohöl für den Weltmarkt. Wenn es stimme, dass rund die Hälfte des jetzigen Rekordölpreises rein spekulativ sei, wie die OPEC behauptet, sollte eine Erhöhung der Ölförderung eine Möglichkeit sein, die Blase zum Platzen zu bringen, sagte Bartenstein am Freitag. Nachdem Österreichs Vorstoß für eine Spekulationssteuer in Brüssel zurückhaltend aufgenommen worden sei, könnte dies ein Weg sein, um die Spekulationen einzudämmen, so der Minister.

Am Sonntag beraten auf Einladung von Saudi-Arabien Staatschefs, Minister, Konzernvorstände und Investmentbanker der Förderländer und Konsumenten in der saudischen Küstenstadt Jeddah (Dschidda) über Hintergründe des rapiden Ölpreisanstiegs der vergangenen Monate und mögliche Gegenmaßnahmen. Österreichs Wirtschaftsminister wird dort als einer der wenigen Vertreter der Nicht-G-8-Länder und nicht OPEC-Staaten zu Gast sein.

Die Ölpreise seien derzeit "viel zu hoch - weniger in Hinblick auf den negativen Einfluss auf das Wirtschaftswachstum, sondern vor allem wegen ihrer Wirkung als Inflationstreiber", erklärte Bartenstein im Vorfeld. Ein Drittel der mit 3,7 Prozent höchsten Inflationsrate in Österreich seit 15 Jahren sei auf Energie und damit letztendlich auf den Rekord-Ölpreis zurückzuführen. In manchen Entwicklungsländern sei die Inflation mittlerweile zweistellig, mit noch weit dramatischeren Auswirkungen.

Saudi-Arabien sei mit der angekündigten Erhöhung der Ölförderung um in Summe eine halbe Million Barrel (je 159 Liter) pro Tag Vorbild für alle Ölproduzenten in- und außerhalb der OPEC, betonte Bartenstein: "Wenn alle dem Beispiel Saudi-Arabiens folgen würden, würden 4 Millionen Fass Erdöl zusätzlich auf den Markt kommen." Auch wenn er ein solches Szenario als Wunschdenken bezeichnet, hofft er dennoch auf dem Gipfel auf ein "Signal zur Beruhigung der Märkte". "Wenn Jeddah kein Ergebnis bringt, könnten die Märkte das kritisch sehen."

Gegen Fördererhöhung

Der amtierende Präsident der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC), Algeriens Energieminister Chakib Khelil, hat sich allerdings im Vorfeld schon gegen eine Fördererhöhung ausgesprochen: "Wir schließen eine Produktionssteigerung momentan aus, weil das Angebot derzeit um 500.000 Barrel pro Tag größer ist als die Nachfrage." Sergei Schmatko, der neue Energieminister Russlands, dem mit Abstand größten Nicht-OPEC-Produzenten, wird in Jeddah nicht vertreten sein.

Während die Ölproduzenten Spekulanten für den Preissprung verantwortlich machen, geben die Verbraucherstaaten der Marktentwicklung und Förderpolitik die Schuld. Bartenstein will sich nicht festlegen - "der Ölmarkt verträgt eine Probe aufs Exempel", so seine Position.

In Österreich zahlt man an der Zapfsäule mittlerweile bis zu 1,4 Euro für Super und bis zu fast 1,5 Euro für Diesel. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) untersucht die Branche derzeit. Er erwarte das Ergebnis "mit großem Interesse", betonte der Minister. Grundsätzlich müsse man aber davon ausgehen, dass die heimischen Spritpreise von der Ölpreisentwicklung und dem Produktmarkt in Rotterdam bestimmt werden - auch weil die heimischen Preise mittlerweile tendenziell unter dem EU-Durchschnitt lägen.

Auch die Mineralölsteuer (MöSt) sei in den Nachbarländern nur noch in Slowenien niedriger. Eine Kompensation der hohen Ölpreise über die Mehrwertsteuer oder eine generelle Senkung der MöSt lehne er ab, so Bartenstein. Stattdessen spricht er sich für eine noch weitergehende soziale Abfederung von einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen und Berufsfahrern aus. In Hinblick auf den Heizkostenzuschuss seien hier auch die Bundesländer gefordert. (APA)