Eine Fleißaufgabe der besonderen Art müssen 28.000 Berliner Schüler absolvieren. Wenn das Oberverwaltungsgericht Berlin nicht am Wochenende noch in einem Eilverfahren einschreitet, dann steht am Montag für die Zehntklässler (entspricht in Österreich der 6. mittleren und höheren Schulstufe) die Wiederholung der zentralen Mathe-Klausur für den Mittleren Schulabschluss auf dem Programm. Verdonnert dazu hat sie das Verwaltungsgericht.

Eigentlich war der Test schon am 11. Juni geschrieben worden. Doch beim Korrigieren der Arbeiten staunten viele Lehrer nicht schlecht. Auffällig viele Schüler, die ansonsten in Mathematik Probleme haben, legten eine einwandfreie Klausur ab. Viele hatten den Test auch schon vorzeitig abgegeben - so, als hätten sie genau gewusst, was sie erwartet.

Und genau so war es auch. Die geheimen Unterlagen für die zentrale Mathematik-Arbeit waren von der Schulverwaltung nicht ausreichend gesichert worden. Sie kamen nicht in versiegelten Kartons an die 346 beteiligten Berliner Schulen, sondern in einfachen Umschlägen. Zudem lagen sie in manchen Sekretariaten offen umher und waren nicht in Schränke gesperrt. Da konnten einige Schüler nicht widerstehen.

Was dann geschah, schildert der zerknirschte Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) so: "Im Internet, auf der Straße, per Handy, kostenfrei und gegen Geld" seien die Aufgaben angeboten worden. In einem Fall hätten sich die Schüler am Tag vor dem Test in der Schulbibliothek getroffen, um die Lösung gemeinsam auszuarbeiten. Zöllners Fazit: An mindestens 87 Schulen gab es "Unregelmäßigkeiten".

Der Berliner Schulsenator setzte daraufhin eine Wiederholung des Tests für alle Berliner Schüler an, wogegen viele Schüler demonstrierten und auch vor Gericht protestierten. Doch das Gericht gab Zöllner recht und meint: Nur durch eine Wiederholung des Mathe-Tests könne man wieder Chancengleichheit herstellen.

Eine Schülerin kündigte gegen die Entscheidung noch Beschwerde an. Bildungssenator Zöllner warnt die 28.000 Betroffenen jedenfalls schon einmal: Erscheine jemand am Montag nicht zum neuen Prüfungstermin, dann werde dies als "nicht bestanden" gewertet und gefährde die Versetzung. (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD-Printausgabe, 21./22. Juni 2008)