Prinz Max von Liechtenstein ist überzeugt, dass "sein" Land bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung sorgfältiger agiert als viele EU-Staaten.

Foto: Regine Hendrich
Die fürstliche LGT Bank hat durch die Steueraffäre Kunden verloren, wächst aber trotzdem weiter. Österreich hat sich diskret verhalten, sagt Prinz Max von Liechtenstein zu Andreas Schnauder.
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STANDARD: Wie spricht man Sie eigentlich richtig an?

Liechtenstein: In Liechtenstein sagt man Durchlaucht.

STANDARD: Wie geht es der LGT Bank seit der Steueraffäre?

Liechtenstein: Die direkten Auswirkungen sind zum Glück nicht materiell. Der Nettozufluss beträgt heuer rund eine Milliarde Franken. Dazu muss man fairerweise sagen, dass wir einen fulminanten Start hatten, der wurde dann schon ein bisschen eingebremst. Wir sind aber auch seit dem 14. Februar positiv. Die bestehenden Kunden sind sehr loyal. Die Ausflüsse, die wir hatten, konnten wir mehr als kompensieren. Sie stammen in erster Linie von direkt vom Datendiebstahl bei der LGT Treuhand betroffenen Kunden. Das liegt im Promillebereich.

STANDARD: Die Milliarde an Zufluss ist aber weit weniger als in der Vergangenheit.

Liechtenstein: Der Rückgang des Wachstums ist sicher teilweise durch die Steuerdaten zu erklären, aber auch mit dem gesamtwirtschaftlichen Umfeld.

STANDARD: Es befinden sich 150 Personen aus Österreich auf der CD. Wie haben die reagiert?

Liechtenstein: Generell ist in Österreich die Diskussion des Themas wesentlich diskreter und ruhiger verlaufen. Die betroffenen Kunden wurden frühzeitig von den Behörden angehalten, Selbstanzeigen zu erstatten. Dem sind viele gefolgt.

STANDARD: Und haben diese Kunden die Bank verlassen?

Liechtenstein: Teilweise ja. Das Spektrum ist sehr breit - manche veranlagen noch mehr, andere sind verärgert und ziehen Geld ab.

STANDARD: Haben Sie Verständnis für die Vorwürfe, dass Liechtenstein Kapital betuchter Klientel anlockt und damit die Finanzierung der Sozialsystem in anderen Staaten untergräbt?

Liechtenstein: Ich habe Verständnis für Steuerwettbewerb. Den hat es immer gegeben und wird es immer geben. Das ist eine positive Sache für die Bürger. Ich verstehe auch, dass jeder Staat versucht, für die Einhaltung der Steuergesetze zu sorgen. Aus meiner Sicht notwendig ist aber auch, durch Überwachung Kapital im Land zu behalten. Dabei muss man sich aber auch um attraktive Steuersysteme bemühen. Es braucht beides. Gerade am Beispiel Deutschland sieht man, dass Human- und Finanzkapital sehr mobil sind.

STANDARD: Um mit Liechtenstein mithalten zu können, müssten dann die Steuern auf Kapitaleinkommen überall in Richtung null gehen.

Liechtenstein: Der Übertrag von deutschem Vermögen in eine liechtensteinische Stiftung wird in Deutschland sehr hoch besteuert. Der Übertrag ist gar nicht so leicht. Natürlich hat sich Liechtenstein attraktiv positioniert. Aber auch andere Länder überleben im Steuerwettbewerb.

STANDARD: Jedenfalls steht Liechtenstein international am Pranger. Die angekündigten Reformen - etwa im Stiftungsrecht - dürften nicht zur Reinwaschung ausreichen.

Liechtenstein: Das neue Stiftungsrecht wird eine Verbesserung darstellen. Das Betrugsabkommen mit der EU ist zudem ein notwendiger Fortschritt. Ich würde nicht ausschließen, dass weitere Schritte noch kommen. Ich möchte aber auch betonen, dass Liechtenstein in einem Vergleich des Internationalen Währungsfonds über die Implementierung verschiedener internationaler Abkommen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sehr gut abschneidet. Besser als viele EU-Staaten.

STANDARD: Betrifft Ihre Reformbereitschaft auch das Bankgeheimnis?

Liechtenstein: Die grundsätzliche Einstellung, was den Schutz der Privatsphäre und die Bürgerrechte angeht, steht sicher nicht in Frage. Weder in der Schweiz, noch in Liechtenstein oder Österreich.

STANDARD: In Österreich ist Steuerhinterziehung ab einem gewissen Umfang ein strafrechtliches Delikt, in Liechtenstein nicht.

Liechtenstein: Da kommen wir wieder zu einer grundsätzlichen Anschauungsfrage über den Schutz des Bürgers. Wir haben da sehr klare demokratische legitimierte und erprobte Prinzipien.

STANDARD: Die EU überlegt die Ausweitung der Zinsertragsrichtlinie, etwa auf Stiftungen. Der wird Österreich nur zustimmen, wenn Drittstaaten involviert sind. Ist das für Sie denkbar?

Liechtenstein: Es hat über zehn Jahre gebraucht, um die Richtlinie zu beschließen. Man wird sich anschauen müssen, wie gut sie funktioniert. Wohin das führt, ist jetzt schwer zu beurteilen.

STANDARD: Verlören Stiftungen nicht jegliche Attraktivität, wenn sie dann mit 35 Prozent besteuert würden?

Liechtenstein: 35 Prozent erscheint mir sehr hoch. Ich möchte dazu aber auch sagen, dass in der LGT-Gruppe weniger als fünf Prozent der neu veranlagten Gelder in Stiftungen flossen. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Printausgabe, 21./22.6.2008)