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Laut Grünem Bericht entfallen auf rund 15 Prozent der Agrarbetriebe, die Ausgleichszahlungen von 21.800 Euro und mehr pro Jahr erhalten, knapp 40 Prozent des gesamten Förderungsvolumens.

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Seit Anfang dieser Woche sind die Agrarförderungen öffentlich im Web einsehbar. Und führen prompt zu Diskussionen über Verteilungsgerechtigkeit. Die großen Begünstigten kommen unter Rechtfertigungsdruck.

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Ab etwa 13 Uhr ging nichts mehr. Der Ansturm auf die Transparenzdatenbank, mit der erstmals die Agrarförderungen, die an die heimischen Bauern gehen, publiziert werden, war enorm. Auch einen Hackerangriff musste die Agrarmarkt Austria, die Stelle, die die Datenbank betreibt, gleich in den ersten Stunden abwehren.

Denn für Aha-Erlebnisse sorgten die Agrarzahlungen, die im Wirtschaftsjahr 2006/2007 (bis Oktober) erstmals und auf Druck der EU-Transparenzinitiative öffentlich gemacht wurden, allemal. Wer da aller "Leistungsträger" – so die Diktion für Fördernehmer – ist, erstaunte selbst Agrarexperten wie den SP-Landwirtschaftssprecher Kurt Gaßner: "Es zeigt sich, dass die hart arbeitenden kleinen Bauern mit einem Butterbrot abgespeist werden, und in die Industrie fließen Millionen."

Auch Wolfgang Pirklhuber, Agrarsprecher der Grünen, wundert sich, was das Ganze mit dem Erhalt der vielbeschworenen kleinstrukturierten Landwirtschaft zu tun habe. Es sind exakt 138.392 Betriebe erfasst, wovon jene im unteren Bereich – 83.687 Höfe bzw. rund 60 Prozent – weniger als 5000 Euro erhielten. Am anderen Ende der Skala bekamen 232 Betriebe aus Landwirtschaft und Industrie mehr als 100.000 Euro (siehe Tabellen oben). "Die Tatsache, dass laufend kleine Höfe aufgegeben werden, zeigt, dass die Förderungen keinen beschäftigungswirksamen Effekt haben" , sagt Pirklhuber.

Landwirtschaftsminister Josef Pröll (VP) erklärt die Zahlungen an die Unternehmen damit, dass es sich in der Regel um Absatzförderungen handelt: "Und diese Exporterstattungen werden mit größter Wahrscheinlichkeit auslaufen."

Für Interesse – und teilweise Empörung – sorgten aber nicht so sehr die Zahlungen an die Bauern, sondern an die Begünstigten im Dunstkreis der Agrarwirtschaft, die im Wirtschaftsjahr 2006/07 in der Regel wesentlich mehr bekamen als die größten Großbauern. Diese Förderungen werde man sich ansehen müssen, kündigt Gaßner an. Förderungen jenseits der 100.000-Euro-Grenze erhielten demnach neben dem Zuckerkonzern Agrana auch der Tiroler Marmeladehersteller Darbo, die Erzeugergemeinschaft Marchfeldgemüse und eine Reihe von Molkereien wie Berglandmilch oder Gmundner.

Auch für Bioenergie-Initiativen gab es aus dem Topf der Agrarförderungen üppige Starthilfen, die in der Regel als Anschubfinanzierung gedacht waren. Auch die Agrarmarkt Austria selbst, die Institution, die die Transparenz-Webseite samt Datenbank betreibt, wurde mit 879.711,38 Euro üppig bedient.

Felix Montecuccoli, selbst Großbauer, weist auf die Landwirtschaftliche Bundesversuchsanstalt hin, die mit einer Förderung von 909.106,13 Euro großzügig bedacht wurde.

Der Präsident der Landwirtschaftskammer, Gerhard Wlodkowski, befürchtet eine Neiddiskussion – und zwar, dass "die damit verbundene Diskussion um die Verteilungsgerechtigkeit lediglich den Weg für eine Kürzung der Agrarmittel aufbereiten sollen".

Doch hat schon vor Freigabe der Zahlungen via Internet bereits eine Diskussion um Verteilungsgerechtigkeit begonnen. Unter der Ägide der Bundesanstalt für Bergbauernfragen wurde kürzlich eine Studie erstellt, die der Frage nachging, was es für die Förderungen (und zwar die Direktzahlungen) bedeutete, würde der Arbeitseinsatz als Kriterium mit einbezogen. Die auf Tourismus-Fotos gerne abgebildeten Bergbauern in Salzburg und Tirol würden von einem solchen System besonders profitieren; niederösterreichische eher verlieren. Im Rahmen des "Health Checks" , wie die Reformdiskussion über Landwirtschaft in Brüssel heißt, soll Arbeitseinsatz künftig stärker berücksichtigt werden, heißt es. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.6.2008)