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Fabio Cannavaro verletzte sich gleich am ersten EM-Trainingstag schwer und musste operiert werden. Gäbler war im OP-Saal dabei.
Gäbler: Ich bin ein total sportbegeisterter Mensch und gehe gerne laufen. Fußball interessiert mich einfach so. Ich behandle viele Fußballer, habe lange die Sportambulanz der Unfallchirurgie am AKH geleitet und mich da um Fußballspieler gekümmert. So spannend, wie ich den Fußball jetzt bei der Europameisterschaft erlebe, habe ich ihn aber schon lange nicht mehr empfunden, weil ich einfach viele Einblicke habe.
Standard: Welche Einblicke?
Gäbler: Ich bin in Wien bei jedem Spiel dabei und bei jedem Abschlusstraining. Ich plaudere mit Fußballspielern und Trainern und lerne viel über Fußball. Zum Beispiel über Taktisches, wie ein Team seinen Angriff aufbaut. Früher war für mich sehr viel Chaos beim Fußball dabei - jetzt verstehe ich mehr.
Standard: Wie sieht Ihr Arbeitsalltag während der EURO aus?
Gäbler: Ich bin sehr viel am Spielfeld und für die UEFA rund um die Uhr erreichbar. Wenn einer von den Spielern ein medizinisches Problem hat, werde ich kontaktiert. Ich bin für alles zuständig, wo der Teamarzt medizinische Hilfe braucht. Da geht es oft nur um kleine Dinge wie eine Muskelzerrung und die Organisation einer Kernspintomografie. 90 Prozent des Arbeitsaufwands waren Verletzungen, bei denen das Ausmaß nicht klar war und wir abklären mussten, wie schwer der Spieler verletzt ist und ob er pausieren muss. Aber insgesamt ist weniger zu tun, als ich gedacht habe. Ich habe geglaubt, dass es Brechdurchfälle, massive Ohrenschmerzen und solche Dinge geben wird. Wobei wir für größere Probleme das AKH als offizielle Turnierklinik zur Seite hätten.
Standard: Sie haben Italiens Abwehrchef Fabio Cannavaro mit Teamarzt Andrea Ferretti operiert. Wie haben Sie Cannavaro erlebt?
Gäbler: Er ist ein ganz sympathischer Bursche. Man redet natürlich, wenn man jemanden operiert, mit dem Menschen vorher. Heute ist noch, zum Leidwesen der Italiener, Andrea Barzagli dran. Da bin ich auch dabei. Ich nehme an allen Operationen teil, auf die ich spezialisiert bin, also vor allem bei Knie- und Sportverletzungen. Heute handelt es sich um eine Meniskusverletzung.
Standard: Wie geht es Cannavaro nach seiner Knöchelverletzung?
Gäbler: Ich habe gesehen, wie er beim Sieg von Italien über Frankreich sehr gejubelt hat. Dem geht's gut. Ich rede auch regelmäßig mit dem Teamarzt, der mir von Fabios Genesungsfortschritten berichtet.
Standard: Haben Sie vor der EURO gedacht, dass Sie mehr zu tun haben werden?
Gäbler: Eigentlich bin ich erstaunt darüber, dass es doch einige schwere Verletzungen gab. Wir wissen, dass Profispieler auf diesem Niveau sich relativ selten verletzen im Vergleich zu Spielern unterer Klassen.
Standard: Spüren Sie besonderen Druck, wenn Sie Promis behandeln?
Gäbler: Nein, es ist komisch, eigentlich nicht. Im Prinzip sind auch Spitzenfußballer Menschen wie du und ich. Es wird wahrscheinlich auch einige Diven geben, aber die habe ich zum Glück noch nicht kennengelernt.
Standard: Das AKH ist offizielle Turnierklinik, aber Sie operieren heute an der Wiener Privatklinik.
Gäbler: Ja, so wollten es die Italiener. Der Teamarzt kann dort operieren, was in einem öffentlichen Spital nicht möglich wäre. (Gäblers Handy läutet.) Dort wurde schon Cannavaro operiert und da lief alles für die Italiener optimal. (Gäbler entschuldigt sich, verschwindet kurz und kommt dann wieder.) Ich muss leider in ein paar Minuten in den OP zu Barzagli.
Standard: Okay. Mögen Sie jetzt, nachdem Sie mehr Einblick hatten, irgendein Team besonders?
Gäbler: Extrem sympathisch waren mir die Österreicher, weil das eine sehr junge und motivierte Mannschaft ist. Die Kroaten sind wirklich gut drauf, sehr lustig auch die Italiener. Ich habe zumindest einige von ihnen kennengelernt - unglaublich nette Burschen.
Standard: Wer gewinnt die EM?