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Unverblümter "unter Freunden": Israels Präsident Peres begrüßt Sarkozy und dessen Frau Bruni.

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Vor der Knesset in Jerusalem wehte die Trikolore, und Nicolas Sarkozy erhielt schon Applaus, noch bevor er seine Rede vor den israelischen Parlamentariern begonnen hatte. Er sei gekommen, die französisch-israelische Freundschaft zu "erneuern" , meinte am Montag Sarkozy, der als erster französischer Präsident seit François Mitterrand 1982 vor der Knesset sprach. Frankreich werde stets an der Seite Israels stehen und "keine Bedrohung gegen die Existenz Israels zulassen" , meinte der Gast, der nicht nur mit allen Ehren, sondern ausdrücklich "in aufrichtiger Freundschaft" empfangen worden war.

Gleichzeitig meinte Sarkozy aber auch, Israels Sicherheit sei nur mit einem "unabhängigen, modernen, demokratischen und lebensfähigen Palästinenserstaat" gewährleistet; Jerusalem müsse außerdem als "Hauptstadt beider Staaten" anerkannt sein. "Es kann keinen Frieden ohne Siedlungsstopp geben" , erklärte Sarkozy weiter. "Unter Freunden" könne man unverblümter sprechen, meinte er noch vor der Abreise nach Israel.

Bruch mit der Nahostpolitik

Sarkozys Äußerungen werden in Frankreich mit mindestens so großem Interesse verfolgt wie in Israel selbst. Die Pariser Kommentatoren fragten sich seit langem, ob Sarkozy die französische Nahostpolitik von Grund auf revidiere. Libération sprach von einem "Bruch" , da Sarkozy wie auch Carla Bruni aufgrund ihrer jüdischen Vorfahren Israel viel gewogener seien. Le Monde wies darauf hin, dass Sarkozys palästinensische Besuchstermine durch eine "relative Diskretion" auffielen. Seit dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 hatten Gaullisten wie Sozialisten eine proarabische Politik versucht.

Populär bei Palästinensern

Nüchtern betrachtet, bleibt allerdings festzuhalten, dass Sarkozys Vorgänger, der bei Palästinensern weiter beliebte Jacques Chirac, in Sachen Siedlungsbau nichts anderes gesagt hätte als der nun amtierende Staatschef vor der Knesset. Doch Nüchternheit hat noch nie einen französischen Staatsbesuch in Israel gekennzeichnet. Bei seinem Jerusalembesuch hatte Chirac 1996 sogar wutentbrannt mit der Abreise gedroht, als ihn israelische Sicherheitskräfte zu stark einengten.

In Frankreich selbst, wo mit vier Millionen Muslimen und 700.000Juden die jeweils größten nichtchristlichen Glaubensgemeinschaften Europas leben, ist das Thema Nahost ebenso explosiv. 2001 war es nach der zweiten Intifada in französischen Städten zu zahlreichen Brandanschlägen auf Synagogen gekommen. Dabei kam in Frankreich das Schlagwort vom "arabischen Antisemitismus" auf.

Heute sind die Zahl antisemitischer Attacken in Frankreich im Rückgang begriffen. Am Wochenende wurde allerdings ein junger Kippaträger von einer Gruppe maghrebinischer Jugendlicher mit Eisenstangen verprügelt; der 17-Jährige, der selbst vor kurzem wegen Gewalt mit Waffeneinsatz angeklagt worden sein soll, kam mit einem Schädelbruch ins Spital. (Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 24.6.2008) Kommentar der anderen Seite 34