Parlamentspräsident Ali Larijani ließ keinen Zweifel offen. Der Iran sei für alle militärischen Szenarien gerüstet, auch für einen möglichen israelischen Militärschlag gegen seine Atomanlagen, sagte er am Sonntag, nachdem die New York Times berichtet hatte, dass Israel Anfang Juni Bombenangriffe auf iranische Atomanlagen geprobt hatte.

"Wir sind auf alle Eventualitäten vorbereitet, sollten sie (die Israelis) jedoch tatsächlich solch eine unkluge Aktion planen, dann würde ihnen weit größerer Schaden drohen als uns" , sagte der frühere Atom-Chefunterhändler. Regierungssprecher Elham zweifelte daran, dass Israel in der Lage sei, iranische Anlagen anzugreifen. Dennoch gefährdeten solche Drohungen gegen sein Land den Weltfrieden. Die iranische Regierung bekräftigte zugleich ihr Festhalten an der Urananreicherung. Die westliche Forderung nach einer Einstellung der Aktivitäten sei "unlogisch" , so Elham.

Der Streit um das Atomprogramm und die damit einhergehende Inflation wird im Iran selbst zurzeit von einem angeblichen Korruptionsskandal überschattet. Mitglieder des Schlichtungsrats, des Expertenrats, des Parlaments, der Justiz, des Informationsministeriums und der Revolutionsgarde sollen an Grundstückspekulationen, unerlaubten Baugenehmigungen, Devisenbeschaffung und vielen anderen illegalen Geschäften beteiligt gewesen sein.

Abbas Palizdar, ein bisher unbekanntes Mitglied der Untersuchungskommission des Parlaments und ein Berater von Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad, hatte in einer Rede an der Universität Hamedan vor begeisterten Studenten einige Namen dieser "Wirtschaftsmafia" genannt. Das löste im Iran eine Welle der Empörung aus.

Palizdars Rede deckt sich mit der Behauptung Ahmadi-Nejads, dass es eine Wirtschaftsmafia gebe, die als Urheber der steigenden Inflation und der Wirtschaftsprobleme bekämpft werden soll.

Der von Studenten im Internet veröffentlichte Text (es gibt auch einen Film von der Rede) wurde in kürzester Zeit der meistgelesene Text im Iran, obwohl keine Zeitung wagte, ihn auch nur andeutungsweise zu erwähnen. Nur die konservative Zeitung Keyhan warf Palizdar Korruption und Lügen vor.

Die Behauptung Palizdars veranschaulicht die tiefe Kluft zwischen den konservativen Anhängern des Präsidenten und den moderaten Konservativen, die mit der Wahl von Larijani zum Parlamentspräsidenten Aufwind bekommen haben und Ahmadi-Nejad mehr und mehr in die Enge treiben. Es ist auch kein Zufall, dass die Vorwürfe Palizdars nur gegen Kleriker gerichtet sind, die den moderaten Konservativen nahestehen. Anhänger des Präsidenten sind ausgenommen.

Als Präsident versagt

Inzwischen werden Stimmen laut, die Ahmadi-Nejad vorwerfen, als Präsident versagt zu haben, und ihn sogar mit dem abgesetzten ersten Präsidenten des Iran, Abolhassan Banisadr, vergleichen. Aghamohammadi, ein Mitglied des Sicherheitsrats, machte die Regierung für die innen- und außenpolitischen Probleme verantwortlich und forderte das Parlament auf, seine Machtbefugnisse mehr zu nützen. Aghamohammadi steht Larijani sehr nahe.

Palizar wurde wegen Verleumdung und Verrat verhaftet und wartet im Ewin-Gefängnis auf sein Verfahren. Die von ihm genannten Persönlichkeiten schweigen noch. (Amir Loghmany aus Teheran/DER STANDARD, Printausgabe, 23.6.2008)