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Franz Fuchs: Einzeltäter?

Foto: APA/Techt
Wien – Es gibt eine Reihe von Menschen aus Justiz, Sicherheitsbehörden, Politik und Journalismus, die nie so recht glauben wollten, dass Franz Fuchs der alleinige Briefbombenattentäter war.

Ein Polizeibeamter, seinerzeit Mitglied der "Sonderkommission Briefbomben" des Innenministeriums, sagt klar zum Standard und zu profil: "Fuchs war kein Einzeltäter. Ich habe einen Verdächtigen, den ich auch seinerzeit intensiv überprüft habe. Er ist meiner Meinung nach der Verfasser der Bekennerschreiben und gleichzeitig das ideologische Hirn der sogenannten Bajuwarischen Befreiungsarmee. Das ‚Bombenhirn‘ läuft noch frei herum."

Rudolf Huber (54) arbeitet heute im Polizeidienst in Oberösterreich. Mitglied der Briefbomben-Kommission war er von 1995 bis 1998. Damals überprüfte er aufgrund eines Hinweises den Verdächtigen Magister B., heute 77 Jahre alt, ein unter anderem wegen Mordes an einer Frau vorbestrafter Rechtsradikaler mit deutschvölkischem, ausländerfeindlichem Geschichtsbild, das dem in den Bekennerschreiben des Briefbombers inhaltlich und auch in manchen Formulierungen gleicht. Die von Huber aufgelisteten Verdachtsmomente liegen im Wesentlichen dem Standard vor. In einigen Fällen gibt es Bezugspunkte zu den Briefbomben.

Hubers Untersuchungen stützen sich zunächst auf einen peniblen Vergleich von rechtsradikalen Schriften des B. mit den Bekennerbriefen. Aber auch darauf, dass sich B. einige Male in unmittelbarer Nähe des Aufgabeortes von Briefbomben aufhielt. Schließlich darauf, dass persönliche Bezüge aus dem Lebensfeld des B. häufig bei Opfern von Briefbomben, fingierten Absendern auf Briefbomben und Orten der Anschläge auftauchen, und zwar vor deren öffentlichem Bekanntwerden.

"Mosaiksteine"

Unter B.s Schriften wurde zur Tatzeit des Mordes an den Roma in Oberwart eine Zitierung eines Bekennerschreibens gefunden, das laut Huber "in Wahrheit nie aufgetaucht und bekannt geworden ist" . Ähnliche auffällige Bezüge gibt es im Fall Helmut Zilk und in jenem des slowenischen Außenministers Peterle – und bei vielen anderen "Mosaiksteinen" (Huber). Woher der Eigenbrötler Franz Fuchs, der nicht einmal ein Zeitungs-Abo besaß, sein aktuelles Wissen über die Opfer und über Vorgänge in der Polizei hatte, war ja immer ein Rätsel.

Die Untersuchung gegen B. wurde damals offiziell eingestellt. Der Fahnder Rudolf Huber ist überzeugt, dass das von ihm penibel gesammelte Material deswegen missachtet und er selbst innerhalb der Kommission beschuldigt wurde, sich verrannt zu haben, weil führende Mitglieder der Kommission von einem Einzeltäter überzeugt waren – und als Franz Fuchs sich selbst in Panik die Hände absprengte, sich nur mehr auf ihn konzentrierten. Die wichtigsten Vertreter dieser These waren der Polizeipsychologe Thomas Müller und der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Michael Sika.

Aus Hubers Äußerungen ist herauszuhören, dass er es für möglich hält, dass Fuchs gar nicht beteiligt war. Als Bastler der Bomben komme ein inzwischen verstorbener Freund B.s, ein Elektrotechniker, in Betracht. Aber auch B. könne dieses Wissen erworben haben, meint Huber: "Ich bin mit dem Mann immer wieder in Kontakt. Ich glaube, dass er sich offenbaren will, wenn er sicher sein kann, dass er – etwa wegen Haftunfähigkeit – nicht ins Gefängnis kommt."

Rudolf Huber hat sich vor über einem Jahr an Zilk, aber nicht an die Öffentlichkeit gewandt. Der gab allerdings in einem Falter-Interview Hubers Thesen wieder (der Standard berichtete damals, auch über die Zweifel der Exekutive). Jetzt wollen Zilk und Huber, dass der Fall neu untersucht wird. (Hans Rauscher/DER STANDARD, Printausgabe, 23.6.2008)