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Zidane kickte am Sonntag am Wiener Heldenplatz.

Foto: APA/ NEUBAUER
Wien - Frankreichs dreifacher Weltfußballer Zinedine Zidane hat sich am Sonntag bei seinem EURO-Besuch in Wien sehr enttäuscht über das EM-Abschneiden der "Bleus", die die Gruppenphase mit nur einem Punkt als Letzter beendet hatten, gezeigt. Seine Kritik traf vor allem Teamchef Raymond Domenech, über dessen Entscheidungen er "sehr überrascht und verärgert" gewesen ist. "Es wäre legitim, wenn Didier Deschamps Domenech ablösen würde."

"Deschamps absoluter Fachmann"

"Deschamps kennt die Spieler und ist ein absoluter Fachmann. Mehr will ich mich nicht dazu äußern, weil ich keinen Ärger bekommen will", meinte der Welt- und Europameister, der am Montag seinen 36. Geburtstag feiert. Die Entscheidung über den Trainerposten fällt am 3. Juli. "Dann wird man ja sehen, ob Domenech Teamchef bleibt", so Zidane, der Fragen auch in fließendem Spanisch und Italienisch beantwortete.

"Natürlich bin ich auch über die Leistung der älteren Spieler im französischen Team enttäuscht, aber einige Kommentare über sie waren persönlich sehr verletzend. Das finde ich schade", meinte Zidane über seine Ex-Kollegen Thuram und Vieira. Trotzdem sieht er viel Potenzial in der "Equipe Tricolore", mit der seiner Meinung nach bei der WM 2010 in Südafrika wieder stark zu rechnen sein wird.

Am Weg dorthin kehren die Franzosen wieder nach Österreich zurück. Ivanschitz und Co. empfangen zum Auftaktspiel der WM-Qualifikation am 6. September den Vize-Weltmeister. "Wir haben einige sehr gute junge Spieler. Die EM müssen sie jetzt schnell vergessen und sofort wieder auf die WM hinarbeiten. Dann ist sehr viel möglich", so Zidane, einer der besten Fußballer aller Zeiten.

EM vor dem TV

Die "sehr gute" EM hat der Franzose mit algerischen Wurzeln bisher vor dem Fernseher verfolgt. Am Sonntag war er beim Viertelfinal-Schlager zwischen Spanien und Italien im Wiener Ernst-Happel-Stadion live dabei. "Dieses Spiel ist wie ein Finale", teilte der ehemalige Spanien- und Italien-Legionär beiden Teams Vorschusslorbeeren aus. Je fünf Jahre trug er das Trikot von Juventus Turin (1996-2001) und Real Madrid (2001-2006).

Auf Prognosen ließ er sich nicht ein: "Bei Prognosen bin ich vorsichtig. Ich habe Portugal sehr viel zugetraut, aber die sind ja schon draußen. Ich glaube nur, dass Spanien sehr gefährlich ist, wenn sie in einen Lauf kommen." Die Russen sind für ihn keine große Überraschung, mit einer Begeisterung habe er das Viertelfinale gegen die Niederländer angesehen: "Ein sensationelles Spiel, bei dem die Russen am Ende körperlich überlegen waren."

Ein Spieler der "Sbornaja" hat es ihm besonders angetan: "Ich kann mir seinen Namen nicht merken, aber die Nummer zehn hat mich begeistert." Die Rede ist von Andrej Arschawin. Ein anderer Name, der bei der EURO nicht mehr vertreten ist, könnte ihn als teuersten Spieler ablösen. Portugals Superstar Cristiano Ronaldo steht bekanntlich vor einem Wechsel von Manchester United zu Real Madrid.

Zidane dazu: "Er hat eine sensationelle Saison gespielt. Real hat kein Problem damit, für sehr gute Spieler viel Geld auszugeben. Sie werden für ihn mehr bezahlen als damals für mich (73,5 Mio. Euro, Anm.). Ich glaube, es liegt nur mehr an ihm." Inwiefern er selber dem Fußball erhalten bleibt bzw. wieder zurückkommt, darüber hat er sich noch keine genauen Gedanken gemacht.

Comeback

"Ich will wieder zurück in die Welt des Fußballs, aber nicht als Trainer, zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt", womit er Spekulationen, er wäre beim belgischen Club Liege als Co-Trainer im Gespräch, eine Absage erteilte. Seit seinem Karriereende vor zwei Jahren genießt Zidane das Leben abseits des Fußballs: "Ich habe viel nachgeholt, was mir in 17 Jahren Profi-Fußball entgangen ist."

"Trotzdem trainiere ich jeden Tag", so der Ausnahmekönner mit dem Nachsatz: "Aber ohne Ball." Dass er seine Karriere zu früh beendet hat, glaubt er weiterhin nicht. Und ob er sich mit Marco Materazzi, den er beim WM-Finale 2006 nach Provokationen den "legendären" Kopfstoß versetzt und daraufhin seine Karriere mit einem Ausschluss beendet hatte, versöhnt habe: "Darüber spreche ich nicht." (APA)