Je länger der Flug desto höher das Risiko
Statistisch betrachtet ist der prompte Verschluss der Lungengefäße also ein Klacks. Die Auswertung der Daten hat jedoch Eines bestätigt, wenn auch nur minimal: je länger ein Flug, desto höher das Lungenembolierisiko. So war kein einziger Kurzstreckenfluggast unter den 56 Erkrankten. Alle hatten über 7500 Flugkilometer hinter sich gebracht. Summa summarum also ein "kleines" Problem.
Angst aufgrund von Einzelfällen
Die Angst davor ist im Verhältnis sehr groß und wird mit Einzelschicksalen, wie das einer jungen Engländerin, die im Jahr 2000 am Londoner Flughafen Heathrow infolge einer Lungenembolie tot zusammengebrochen ist, noch kräftig geschürt. Vergessen zu erwähnen hatte man einen Punkt: Die Frau war bereits mit einer Beinvenenthrombose in das Flugzeug eingestiegen. Offenbar wusste sie davon nichts.
Gefahr nach dem Aufstehen
"Die Geschichte ist immer dieselbe", weiß Schellong und will derartige Horrorgeschichten nicht als Anlass nehmen, sämtliche Flugpassagiere im Vorfeld auf Beinvenenthrombosen zu untersuchen. Stundenlanges Sitzen im Flieger tut bekanntlich Thrombosen in Beinen nicht gut. Wirklich gefährlich wird es aber immer erst nach dem Aufstehen, denn vom Blutstrom mitgerissen verstopfen die Blutgerinnsel schlagartig die Lungengefäße. Betroffene ringen plötzlich nach Luft. Der Tod kommt manchmal sehr schnell.
"Prophylaxe" Thromboseschutz
Die Reisezeit beginnt und die Frage taucht unweigerlich auf: Verhindert Thromboseschutz vor der langen Reise womöglich das allerschlimmste? Zweifellos wirkt Heparin gespritzt oder Aspirin vor der Reise geschluckt blutverdünnend. "Beides sind reine Wohlfühlmaßnahmen, deren Sinnhaftigkeit jeder Grundlage entbehrt", betont der deutsche Angiologe und betrachtet den jährlich wiederkehrenden Aufruhr deshalb für wenig lohnend. Die Ängste der Patienten nimmt er aber trotzdem sehr ernst. Um zu beruhigen, verschreibt er vor allem jenen Langstreckenflugreisenden eine "Prophylaxe", die in der Vergangenheit bereits mit einer Beinvenenthrombose oder einer Lungenembolie Bekanntschaft gemacht haben.
"Besser aufklären"
Viele Schulmediziner handhaben diese Frage ganz anders. Üblicherweise werden auch heute noch persönliche Risikoprofile für Flugreisende erstellt. Klassifizieren und gegebenenfalls Risiken medikamentös minimieren ist häufig das vordringliche Ziel. "Auch für diese Einteilungen fehlt jegliche Datenbasis", erwähnt Schellong bereits etwas resignativ und plädiert für bessere Aufklärung, damit irreale Ängste zugunsten mehr Gelassenheit weichen.
Unwohlfühlfaktor Fliegen
Leichter gesagt als getan, denn wie jeder weiß: Fliegen per se entspannt viele Menschen nicht sehr. Mit beiden Füßen fest auf der Erde, ist die Angst vor zufällig tödlichen Ereignissen einfach wesentlich kleiner. Kaum jemand, der sich davor fürchtet, beim Überqueren einer Straße von einem Auto überfahren zu werden. Dabei trifft dieses Schicksal 11 von 100.000 Menschen. Verglichen mit Lungenembolien nach Flugreisen also gar nicht so selten.