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Hauptgrund für die schlechte Stimmung in den Chefetagen der deutschen Unternehmen sind die rekordhohen Ölpreise.

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München/Berlin - Der hohe Ölpreis hat die Stimmung in der deutschen Wirtschaft im Juni deutlich gedrückt. Die Unternehmen schätzten sowohl ihre aktuelle Situation als auch die Aussichten schlechter ein als noch im Mai. Der Geschäftsklimaindex sank um 2,2 Punkte auf 101,3 Punkte, den schlechtesten Wert seit Dezember 2005. Die Einschätzung der aktuellen Lage verschlechterte sich um 1,8 Punkte auf 108,3. Die Erwartungen sanken um 2,5 Punkte auf 94,7. An der Börse haben die Ifo-Zahlen die Stimmung getrübt.

Es sei zu hart, die Situation als besorgniserregend zu bezeichnen, sagte Ifo-Experte Klaus Abberger. "Ich denke, dass im Moment der stärkste Belastungsfaktor der Ölpreis ist." Die hohen Energiekosten machten sich bei den Unternehmen auf zweierlei Art bemerkbar: Zum einen verursachten sie höhere Kosten, zum anderen zögen sie Kaufkraft beim Konsumenten ab.

Belastungsfaktoren

"Die Wirtschaft ächzt unter den Belastungsfaktoren", erklärte Abberger: "Sie leidet, aber noch hält sie stand." Dafür spreche auch, dass noch immer Jobs entstünden, auch wenn sich der Aufbau verlangsamt habe, da die Unternehmen vorsichtiger geworden seien. Doch noch bauten sie keine Stellen ab.

Jetzt komme es darauf an, wie gut die Wirtschaft mit den Belastungen zurechtkomme. Dabei könne vor allem eine Beruhigung am Ölmarkt helfen. Sie könne der Wirtschaft aktuell Luft verschaffen, um sich auf die Veränderungen einzustellen. Mittel- und langfristig sei aber nicht mit sinkenden Ölpreisen zu rechnen.

Der starke Euro wirke sich dagegen offenbar weniger stark aus, denn die Unternehmen schätzten ihre Exportaussichten gut ein, sagte Abberger. Auch die Finanzkrise sei außerhalb des Bankensektors eigentlich kaum zu bemerken.

Signale von der EZB

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat nach Einschätzung des Ifo wegen der immer stärkeren Belastung der deutschen Wirtschaft durch den Ölpreis keinen Spielraum für deutliche Zinserhöhungen. Die EZB müsse wegen der aus ihrer Sicht alarmierenden Inflationsdaten einen Warnschuss abgeben, weitere Schritte würden das Wachstum aber abwürgen, sagte Abberger. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte zuletzt die Tür für die erste Zinserhöhung seit mehr als einem Jahr weit aufgestoßen. Sie wird für Juli erwartet, die meisten Experten rechnen mit einer Anhebung von 4,0 auf 4,25 Prozent. Die Inflation wird derzeit vor allem von Preissteigerungen für Energie und Nahrungsmittel angeheizt.

Das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sah sich durch die Untersuchung des Ifo bestätigt. Das ZEW hatte in der vergangenen Woche ebenfalls eine negative Konjunkturerwartung veröffentlicht.

Für seinen Geschäftsklimaindex wertet das Ifo-Institut die Einschätzungen von 7.000 Unternehmen in Deutschland aus, für den Konjunkturtest Dienstleistungen werden 2.000 Unternehmen befragt.

Skepsis in der Industrie

Besonders die Industrie beurteilte in der Ifo-Umfrage ihre Geschäftsperspektiven viel skeptischer als noch zuletzt. Auch der Einzelhandel sei pessimistisch. Abberger rechnet beim Ölpreis, der weiter in der Nähe seines Rekordhochs von fast 140 Dollar (89,7 Euro) pro Fass liegt, vorerst nicht mit einer Trendwende zu niedrigeren Preisen. Das werde die Stimmung der Verbraucher weiter drücken. Auch die Exportwirtschaft schätze ihre Geschäftsaussichten schwächer ein, ergänzte Abberger. Trotz des hohen Euro-Wechselkurses gebe es hier aber keinen Einbruch.

Die deutsche Wirtschaft wird der Deutschen Bundesbank zufolge im zweiten Quartal erstmals seit fast vier Jahren wieder schrumpfen. Von April bis Juni sei ein "leichter Rückgang" des Bruttoinlandsprodukts im Vergleich zum starken ersten Vierteljahr zu erwarten, hieß es in dem am Montag veröffentlichten Monatsbericht. Das hatte es zuletzt im zweiten und dritten Quartal 2004 gegeben. Eine Rezession wie damals - also mindestens zwei Quartale in Folge mit einem Minus - erwartet die Bundesbank aber nicht. Im zweiten Halbjahr werde es eine moderate Erholung geben. Für 2008 geht die Bundesbank von einem Wachstum von rund 2,3 Prozent aus, das sich 2009 auf etwa 1,5 Prozent abschwächen werde.

Die erwartete Delle sei vor allem auch eine Reaktion auf den starken Jahresbeginn. Von Jänner bis März hatte die Wirtschaft mit 1,5 Prozent das stärkste Quartalswachstum seit fast zwölf Jahren geschafft. (APA/dpa/Reutes)