Seine Gestik erweckt große Erwartungen. Hebt Günther Platter zu einer Erklärung an, breitet er gerne die Arme aus, wählt einen salbungsvollen Tonfall, verfällt sogar in die dritte Person – und lässt sein Gegenüber dann doch mit den ewig gleichen Sätzen zurück: "Recht muss Recht bleiben." – "Lieber volle Gefängnisse als Kriminelle auf der Straße." – "Der Günther Platter steht für Recht und Ordnung."

Günther Platter versucht stets, sich penibel ans Drehbuch zu halten, und das sah für die Rolle des Innenministers einfache Antworten auf komplexe Fragen vor. Stur, wie es seinen Tiroler Wurzeln geziemt, vertrat der oberste Polizeichef seine Wahrheiten, da mochte zeitweise sogar die Kronen Zeitung – wie im Fall der von Abschiebung bedrohten Kosovarin Arigona Zogaj – nach mehr Milde rufen. In der Causa, einer der spektakulärsten seiner Amtszeit, kann sich Platter bestätigt fühlen: Schwappte Arigona Zogaj anfangs noch eine Sym_pathiewelle entgegen, scheint die Stimmung nun umzuschwenken.

Früher zart, heute hart

Dass der 54-Jährige, der nun neuer Tiroler Landeshauptmann wird, auch umstrittene Maßnahmen hartnäckig durchzieht, bezeichnen ÖVP-Kollegen als sein größtes Plus. Als "fast schon auf altmodische Art pflichtbewusst" beschreiben ihn Wohlgesonnene wie Wendelin Weingartner, sein Vorvorgänger als Tiroler Landeshauptmann. Feinde wie Peter Pilz hingegen halten dieselbe Eigenschaft für die Wurzel allen Übels: "Er war das charakterlose Werkzeug einer charakterlosen Politik." Als Beispiel nennt der Grünen-Abgeordnete "Säuberungen" politisch unliebsamer Beamte, die zu einer "dramatischen Schwächung" von Kriminalpolizei oder Sicherheitswache geführt hätten.

Vielleicht lag es daran, dass sich Platter im Ministerium vorwiegend mit gestandenen Polizisten umgab: Alte Bekannte haben den gelernten Buchdrucker und späteren Gendarmen aus Zams im Oberinntal, verglichen mit seiner Tiroler Zeit, jedenfalls kaum wiedererkannt. Selbst die dortigen Grünen erinnern sich an einen "offenen Menschen", der etwa als Kulturlandesrat auch progressive Initiativen förderte, die seinen persönlichen Geschmack nicht unbedingt trafen. Sein Habitus, der in Wien ungelenk wirken mag, kam im Westen flächendeckend an. Kaum ein anderer Politiker räumte bei Wahlen so viele Vorzugsstimmen ab. Wirklich gerne habe der in Wahrheit weichherzige Platter den "Minister Gnadenlos" nicht gespielt, heißt es. Ein Grund, warum es ihn wohl zurück nach Tirol zog, wo ihm eine perfekte Revanche gelang: Seinem Vorgänger Herwig van Staa war Platter 2003 noch in einer Kampfabstimmung um den Job des Landesvaters unterlegen. Nun darf er den Rivalen höchstpersönlich in Pension schicken.

Die Vergangenheit wird Platter freilich dann und wann einholen. Der Untersuchungsausschuss im Parlament will den Ex-Minister nicht nur einmal vorladen, um ihn über seine Amtszeit Rede und Antwort stehen zu lassen. (DER STANDARD Printausgabe, 25. Juni 2008)