Das col-legno-Festival ist keines der üblichen. Es ist eher eine Leistungsschau der Zusammenarbeit mehrerer Kulturinitiativen, in deren Mittelpunkt die 1992 von Kuhn gegründete und seit 2000 im Convento dell’Angelo residierende Accademia steht. Für die nächsten 300 Jahre besitzt diese nun die Nutzungsrechte über den sakralen Bau, der um 1830 dem Orden der Padre Passionisti übergebenen wurde. Das unter Kuhns Leitung renovierte Anwesen liegt in einer hügeligen Landschaft, die dem Salzburger Umland ähnlich sieht, vor allem dann, wenn Schnürlregen eine verschlafene Stimmung wie an der Salzach aufkommen lässt. Müde war jedoch niemand, dazu waren das Programm und die ständigen, als Teil des Gesamtkonzepts fungierenden Dialoge auch viel zu dicht.
Col legno, 2005 von Christian Köck mit Beteiligung von Kuhn und dem Komponisten Andreas Schett übernommen, positioniert sich zwischen allen Stühlen. "Alte Musik, Neue Musik, Jazz, Popmusik…, alles ist möglich, solange wir spüren, dass künstlerische Notwendigkeit dahintersteht" , so Schett. Die Haltung ist beim Festival allgegenwärtig.
Da erklingt Beethovens mit etwas zu viel Druck von Davide Cabassi gespielte Pathétique nach einer Orgelimprovisation von Wolfgang Mitterer, reibt sich ein achthändiges Rossini-Klavierpotpourri mit den komplexen Klängen (auch von György Ligeti), die Pianist Alfonso Alberti dem Fazioli-Flügel entlockt. Seine Interpretation der "Teufelsleiter" (L’escalier du diable) betitelten Ligeti-Etüde war neben dem Auftritt des Streichquartetts Meta4 der Höhepunkt, gelang es Alberti doch, das Klavier zum Kochen, aber nicht zum Überlaufen zu bringen. Denn der Kirchenraum ist akustisch äußerst heikel und neigt schnell zum Klirren. Kuhn selbst trat, sieht man vom achthändigen Rossini einmal ab, erst in der Sonntagsmatinee künstlerisch aktiv in Erscheinung. Im Rahmen einer von einem Mitglied des Ordens zelebrierten Messe erklang Rossinis Petite Messe Solenelle und präsentierte nochmals Kuhns Fähigkeit, mit Stimmen zu arbeiten.
Ob es einen Zusammenhang zwischen dem Festivals und der Tatsache gibt, dass heuer in Erl keine von Kuhn geleitete Opernproduktion stattfindet? Nein, meint Kuhn. In Erl, das ja ebenfalls ein Kind der Accademia ist, sind heuer einfach wieder die Passionsspiele dran. Das sei alles. Zudem gebe es neben den zahlreichen Konzerten (auch eine Christoph-Cech-Uraufführung) mit Wolfgang Mitterers Kinderoper "Das tapfere Schneiderlein" in Kooperation mit der Wiener Taschenoper auch eine szenische Aufführung. "Wir arbeiten ja bereits seit fünf Jahren am col-legno-Festival."