Frank Hensel

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Rewe darf Adeg schlucken. Der Handelskonzern arbeitet an Synergien und verhandelt mit den Kaufleuten.

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Rewe-Chef Frank Hensel lässt Kritik an der Übernahme der Adeg nicht gelten, Wettbewerb sei auch künftig sichergestellt. Jobgarantie gebe es für Adeg naturgemäß keine. Die Marke zu erhalten sei ein Ziel, aber keine Auflage.

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Wien – Rewe-Chef Frank Hensel ist auf die Arbeiterkammer nicht gut zu sprechen. Sie warnte aufgrund der in Brüssel abgesegneten Übernahme der Adeg vor weiter steigenden Lebensmittelpreisen. Denn die Entscheidung der EU-Kartellrichter, den Deal keiner vertieften Prüfung zu unterziehen, sei ein Schritt hin zu weniger Wettbewerb.

"Die Kommission hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Wettbewerb sichergestellt ist" , sagt Hensel im Standard-Gespräch. In Bezirken, in denen es kritisch werden könnte, gebe es Auflagen. Eine Erhöhung der Preise werde es, falls notwendig, auch in Zukunft geben. Dass es zu keiner ungerechtfertigten Teuerung komme, dafür sorge jedoch der Wettbewerb zwischen den Marktführern Rewe und Spar.

Kritik von Kartellrechtsexperten könne er nicht nachvollziehen. Die Kommission sei eben schon bei der ersten Prüfung zu einem Ergebnis gekommen. "Die Tatsache, dass sie das auch gegenüber Dritten vertreten muss, zeigt, dass sie sich ernsthafte Gedanken gemacht hat." Spar habe das gute Recht zu klagen. Eine aufschiebende Wirkung habe eine Klage nicht, sagt Hensel.

Rewe lasse sich auch den Vorwurf des Lobbying nicht gefallen. "Da muss man die Kirche im Dorf lassen, wir sind in keiner Bananenrepublik, in der man sich einfach ein paar Lobbyisten nimmt." Es sei das gute Recht der Rewe, sich für das Verfahren erfahrene Berater zu holen. Spar habe dasselbe getan. Rewe werde nun die Umsetzung der Auflagen angehen, von denen es laut Hensel zwei gebe: In Bezirken, in denen der Konzern 30 Prozent Marktanteil hat, dürfen die 35 Prozent gemeinsam mit Adeg nicht überschritten werden. Hält Rewe 45 Prozent des Marktes, ist ein Zuwachs mit Adeg nicht erlaubt. "Wir müssen Marktanteile in 28 Bezirken korrigieren. In welcher Form, ist offen, es gibt viele Varianten." Ein von Rewe vorgeschlagener und von Brüssel eingesetzter Kurator begleitet die Adeg-Integration.

"Kein Zwang"

Rewe werde sich vor allem von Adeg-Filialen trennen, die Magnet-Großmärkte miteingeschlossen. In der Branche bestehen starke Zweifel, dass sich die selbstständigen Kaufleute der Adeg, die auch Genossenschafter sind, für den Wechsel zu anderen Organisationen gewinnen lassen. Hensel ist da zuversichtlicher: Auch in anderen Ländern suchten sich Kaufleute neue Partner, das sei nichts ungewöhnliches. Zwingen werde man jedoch niemanden, "wenn keiner will, geben wir eigene Filialen ab".

Die Marke Adeg zu erhalten sei keine Auflage der EU, Rewe habe aber die Absicht, sie weiterzuführen, sagt Hensel. Ziel sei die Sicherung der Arbeitsplätze, eine Jobgarantie könne er aber nicht abgeben. Keiner könne das. Der Einstieg der Rewe "ist aber besser als eine Zerschlagung oder der Teilverkauf der Adeg" . Wann Adeg die Rückkehr in die Gewinnzone schafft, könne er nicht sagen. Sie sei nach wie vor in einer schwierigen finanziellen Situation. Andreas Poschner bleibe im Vorstand der Adeg. Die Besetzung des Aufsichtsrates werde neu geregelt, da Edeka Chiemgau als Gesellschafter ausscheidet.

Rewe werde jetzt Synergien heben, um Adeg wettbewerbsfähig zu machen. Die Logistik sei auf dem Prüfstand – dass das Adeg-Lager in St. Pölten wackelt, bestätigt Hensel nicht. Es gebe keine fertigen Konzepte in der Schublade.

Die Annahme der Branche, dass Adeg den Status als eigenständige Gesellschaft komplett verliere, wie es bei Sutterlüty in Vorarlberg passiert sei, weist der Rewe-Chef zurück. "Adeg behält die Hoheit, die eine eigenständige Gesellschaft benötigt. Auch Herr Sutterlüty ist Unternehmer, wir sind bei ihm nur der Minderheitsgesellschafter. Das sind die Fakten."

Aktiv Kaufleute anderer Organisationen abwerben – wie es viele Konkurrenten vermuten – werde er nicht, meint Hensel. "Das machen nur unsere Mitbewerber." Adeg sei künftig aber dennoch "eine lukrative Alternative" . "Sie steht allen selbstständigen Kaufleuten offen." (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.6.2008)