Die Regierung steckt wieder einmal fest. Die vom schwarzen Innenminister vorgeschlagene Integrationsstrategie scheiterte vorerst am Einspruch der SPÖ. Doch das übliche Lamento über die Lähmung der Koalition, die sich auf nichts einigen kann, ist diesmal nicht angebracht. Denn um Günther Platters Masterplan ist es nicht schade.

Es ging ihm wohl um einen ruhmreichen Abschied: Bereits auf dem Sprung nach Tirol, wo er Landeshauptmann wird, legte Innenminister Platter noch schnell ein Konzept vor, wie Österreich die Integration von Zuwanderern anpacken solle - quasi als gedruckten Beweis, dass es in seiner Amtszeit doch nicht nur um das Abschieben von Ausländern gegangen sei. Herausgekommen ist ein typisches Platter-Elaborat: ein paar vernünftige Ideen, ein paar richtige Ansätze. Ansonsten viele vage Ankündigungen, garniert mit reichlich Geschwurbel, aber ohne handfeste Substanz.

Auch die wenigen konkreten Passagen tragen Platters Handschrift. Sie spiegeln jene Grundannahme wider, die hinter der Politik der letzten fünf Jahre immer wieder durchschimmerte: Ausländer integrieren sich deshalb nicht, weil sie nicht wollen. Sicher, das kommt vor. Dass Zuwanderer aber auch scheitern könnten, weil die fremde Umgebung sie überfordert, die Gesellschaft sie diskriminiert oder das Gesetz sie schikaniert, schien dem Ex-Gendarmen aus dem Tiroler Oberland nie wirklich einzuleuchten.

Beispiel Sprachkurse: Künftig sollen Zuwanderer 600 statt 300 Stunden Deutsch absolvieren, um sich den Aufenthalt im Land zu verdienen. Soll sein. Aber dann muss die Regierung auch verraten, wie sie diesen Unterricht fördern will. Kursplätze, die sich Ausländer leisten können, sind nämlich nach wie vor rar.

Der Finanzierung der Sprachkurse solle "besonderes Augenmerk" geschenkt werden: Solche Allgemeinplätze finden sich in Platters Werk en masse. Ebenso löblich wie unverbindlich sind die Versprechen, in Schulen mehr Begleitlehrer einzusetzen oder Ausländern Wohnbauförderung zu genehmigen. Doch wer wie was wann zahlen soll, verrät das schlaue Papier nicht.

Nach monatelanger Diskussion darf man von einem Minister aber Konkreteres verlangen als einen Wunschzettel ans Christkind. Vor allem, wenn ein derartiges "Zukunftskonzept" hochoffiziell von der Regierung abgesegnet werden soll.

Wie eine Schikane mutet die geplante Vorschrift an, dass Immigranten schon vor ihrer Ankunft in Österreich etwas Deutsch können müssen. Bei der Auswahl mancher Fachkräfte für die Wirtschaft mag dieser Passus sinnvoll sein - für Frauen und Kinder, die aus kleinen Dörfern ihrem Familienvater nach Europa nachziehen, bedeutet er eine sinnlose Quälerei. In einem Monat in der Fremde lässt sich eine Sprache besser lernen als in einem Jahr Schule.

Bezeichnend auch, welche Fragen in dem 35 Seiten starken Konvolut nicht aufgeworfen werden. Zu einer offenen Diskussion hatte Platter einst geladen - und im selben Atemzug klargestellt, dass an den strengen Fremdengesetzen nicht gerüttelt werde. Doch natürlich behindern heimtückische Paragrafen die Integration. Etwa wenn Zuwanderer in permanenter Unsicherheit leben, weil sie wegen Arbeitslosigkeit aus dem Land fliegen können.

Wenn Zuwanderer schon auf ihre Qualitäten geprüft werden, dann soll auch der künftige Innenminister nach einem strengen Anforderungsprofil ausgewählt werden. Gesucht ist ein Politiker, der nicht alle Probleme aus einer Perspektive sieht, die so eng ist wie die Tiroler Täler, in die Günther Platter nun zurückkehrt. (DER STANDARD Printausgabe, 26. Juni 2008)