Tel Aviv - Israel hat am Donnerstag wie bereits am Vortag alle Grenzübergänge zum Gaza-Streifen geschlossen gehalten. Am Nachmittag schlug erneut eine von militanten Palästinensern abgefeuerte Rakete im israelischen Grenzgebiet ein, wie israelische Medien berichteten. Ein hochrangiger Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums hatte zuvor die anhaltende Blockade mit dem Bruch der von Ägypten vermittelten Waffenruhe durch militante Palästinenser begründet.

Ein Sprecher der im Gaza-Streifen herrschenden Palästinenser-Organisation Hamas, Fawzi Barhum, nannte die Blockade am Donnerstag einen "schweren Verstoß gegen die Waffenruhevereinbarung". Israel breche den wichtigsten Teil des Abkommens; dies zwinge palästinensische Fraktionen dazu, ihre Position neu zu überdenken. Die auf sechs Monate befristete Waffenruhe war vor einer Woche in Kraft getreten. Als Teil der Vereinbarung sollte Israel die Blockade des Gaza-Streifens aufheben und Warenlieferungen gestatten. Am Mittwoch hatte Barhum andere Palästinensergruppen zur Zurückhaltung und zur Einhaltung der Waffenruhe aufgefordert.

Drei Raketen im Süden Israels

Am Dienstag waren drei Raketen im Süden Israels eingeschlagen, dabei wurden zwei Menschen leicht verletzt. Zu dem Angriff bekannte sich die islamistische Organisation Islamischer Jihad. Zuvor hatten israelische Soldaten bei einem Einsatz in Nablus im Westjordanland zwei Palästinenser erschossen, darunter ein Mitglied des Islamischen Jihad. Israelische Beamte brachten nach Medienberichten die Besorgnis zum Ausdruck, dass eine Fortsetzung der Blockade einen völligen Zusammenbruch der Waffenruhe zur Folge haben könnte.

Der frühere US-Botschafter in Jordanien, Richard Viets, hat die Auffassung vertreten, dass die US-Regierung ihre Politik gegenüber der Hamas überdenken müsste. Er sei Anfang des Monats als Privatperson in Gaza mit dem früheren Hamas-Premier Ismail Haniyeh zusammengetroffen und habe dessen Aussagen über Israel als "außergewöhnlich ausgewogen und nicht polemisch" empfunden, gab der US-Diplomat in Washington bekannt. "Mit diesem Mann sollten wir ins Gespräch kommen", meinte er. Die Hamas, die die palästinensischen Wahlen Anfang 2006 mit großer Mehrheit gewonnen hatte, verdrängte vor einem Jahr nach schweren Kämpfen die Fatah von Präsident Mahmoud Abbas aus dem Gaza-Streifen. Abbas erklärte daraufhin die Einheitsregierung unter Haniyeh für aufgelöst und setzte im Westjordanland ein Fatah-Notstandskabinett unter Salam Fayyad ein. Die Hamas kam nach eigener Darstellung Umsturzplänen der Fatah, Israels und der USA zuvor. Nach Angaben des ehemaligen Fatah-Sicherheitschefs Mohammed Dahlan soll die US-Regierung die Fatah aufgerüstet haben, um die Hamas auszuschalten.

Die israelische Blockade des Gaza-Streifens habe eine "humanitäre Katastrophe kolossalen Ausmaßes" verursacht, sagte Richard Viets. Es sei sehr beklagenswert, dass jetzt auf palästinensischer Seite ein "nahezu vollständiger Vertrauensverlust" gegenüber den Intentionen Israels und der Amerikaner vorherrsche. Dieser sei im vergangenen Jahr trotz der Annapolis-Konferenz noch gravierender geworden. Israel sei aber eine Realität, die auch von der Hamas-Führung akzeptiert werden müsse, bemerkte er.

US-Außenministerin Condoleezza Rice hatte erst vor zwei Tagen in einem Wortgefecht mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Moussa, auf der Berliner Palästina-Sicherheitskonferenz Kontakte zur Hamas kategorisch ausgeschlossen, solange diese Israel nicht anerkenne und der Gewalt entsage. (APA/dpa/AFP)