Alfred Gusenbauer und Werner Faymann werden gemeinsam untergehen und die SPÖ mitnehmen. Es wird – vor allem im Fall von Faymann – noch eine Weile dauern, aber am Ende wird ein Scheitern stehen. Es gibt schon genug Stimmen, die dieses Hinsinken an die Brust der Krone als Rettung für die SPÖ feiern. Häupl, Burgstaller, Voves tun ja schon mit. Aber Politik besteht im Kern aus Führung. Politik bedeutet Entscheiden. "Dem Volk aufs Maul schauen" mag immer wieder klug sein.

Aber die Krone ist nicht das Volk. Und selbst wenn sie es wäre, dann ist es die Aufgabe vollwertiger Politiker, nicht dem hysterischen, manipulierten Geschrei nachzugeben, sondern das zu tun, was man als das Richtige erkannt hat, und das Volk davon zu überzeugen.

Die EU-Mitgliedschaft ist österreichische Staatsräson. Die Zukunft unseres Landes in sicherheitspolitischer und wirtschaftlicher Zukunft ist damit untrennbar verbunden.

Die Anti-EU-Kampagne der Krone hingegen hat Züge von politischer Paranoia. "Was haben wir, das Volk, verbrochen, um so von der EU geknechtet zu werden?" steht in Riesenlettern auf der Leserbriefseite vom 24. Mai 2008. Und: "Ich würde mir einen Fuß amputieren lassen, wenn wir wieder ein Österreich vor der EU wären!" – "Name und Adresse der Redaktion bekannt".

Davon lassen sich ein Bundeskanzler und ein Vorsitzender der größten Partei ins Bockshorn jagen? Gusenbauers und Faymanns Brief an Dichand ist auf zwei Ebenen ein Schwachsinn: Auf der höheren Ebene ist der EU-Beitritt eine fundamentale und fundamental richtige Richtungsentscheidung für Österreich gewesen, so wie die für soziale Marktwirtschaft und für die Neutralität. Aber auch auf der primitiv-taktischen Ebene ist das Einknicken vor der lächerlichen Anti-EU-Kampagne der Krone ein Fehler. Ja, die Zustimmung zur EU ist auf 28 Prozent gesunken. Sie wird wieder steigen, wenn es Politiker gibt, die zu führen verstehen.

Gusenbauer wurde die Eignung zum Kanzler abgesprochen. Jetzt hat sich das bestätigt, aber nicht, weil er zu wenig, sondern weil er zu viel Populismus zeigt und alle Grundsatztreue über Bord wirft. Faymann wird, wenn er es wird, "Kanzler der Krone" sein. Das wird auf Dauer nicht genügen.

Diese Regierung, die österreichische Politik insgesamt, bringt auch deshalb so wenig zustande, weil es an Persönlichkeiten fehlt, die führen wollen. Auch in der ÖVP erwarten sich noch immer zu viele das Heil von einer diskreditierten Figur wie Karl-Heinz Grasser. Er gehört zwar zum Meinl-Skandal, in dem tausende Leute um ihr Geld gebracht wurden, aber er ist Krone-und Österreich-tauglich, heißt es. Molterer, bleibe stark.

Die politische Szene wird großteils von Leuten beherrscht, die keine eigene Persönlichkeit, kein Konzept und keinen Gestaltungswillen haben und sich deswegen alles von Krone und Co vorschreiben lassen. Das muss nicht so sein, war früher nicht so – siehe Vranitzky und Schüssel, bei all ihrer Teilproblematik – und wird hoffentlich eines Tages nicht mehr so sein. (Hans Rauscher/DER STANDARD, Printausgabe, 28.6.2008)