Steve Ballmer ist seit acht Jahren Microsofts CEO und der Tag ist gekommen, an dem er in das Eckbüro ziehen wird, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters.

Es ist jenes Büro, von dem aus Gründer Bill Gates so lange Zeit die IT-Welt diktiert hatte. So schließt Ballmer, der Uni-Kollege vor über dreißig Jahren von Gates geholt wurde, zumindest optisch die Lücke. Gates wendet sich der Philanthropie zu, Ballmer bleibt zurück und wird die Lasten und die Zukunft Microsofts nun allein auf seinen Schultern tragen müssen.

Schwere Zeiten

Der Druck könnte dabei nicht größer sein. Im Versuch dem Internet-Giganten irgendetwas entgegen zu setzen, "laboriert" der weltgrößte Softwarekonzern immer noch an der kostspieligen Übernahmestrategie des Mitbewerbers Yahoo. Gleichzeitig muss die Softwareschmiede das Vista-Debakel übertauchen und versuchen mit dem kommenden Windows 7 den Betriebssystem-Trend wieder auf seine Seite zu lenken. Es ist das erste Mal in seiner Karriere, das der energische Ballmer, dessen Talent für Zahlen oft durch hysterische Showeinlagen überdeckt wird, auf den analytischen Intellekt Gates verzichten muss.

Partner

Die Partnerschaft der Microsoft-Köpfe führt auf die Studienzeit in Harvard zurück, in der Gates und Ballmer unter untypischen Gegebenheiten Freunde werden sollten: Gates, das mittlere Kind einer namhaften Familie aus Seattle und Ballmer, ein Detroiter, dessen Eltern niemals eine Hochschule besucht hatten.

Auf der Uni bewohnten beide das gleiche Studentenwohnheim. Der extrovertierte, in Campus-Gemeinschaften involierte Ballmer glich dabei viel eher dem Bild eines Studenten, als die nächtelang programmierende und Poker spielende Gates. Doch beide teilten eine Liebe zur Mathematik, eine Disziplin, in der sie einander bis heute noch mit Zahlenspielen fordern.

Werdegang

Nach dem College arbeitete Ballmer bei Procter & Gamble Co., wo er sich ein Büro mit dem jetzigen General Electric-CEO Jeffrey Immelt teilte. Beide hielten eher wenig vom gemeinsamen Chef und verbrachten die Tage mit Papierkorb-Basketball.


Steve Ballmer verkauft Windows 1.0

Nach einem Jahr auf der Business School der Stanford University, überredete ihn Gates abzubrechen und der erste Manager bei Microsoft zu werden. Ballmer folgte dem Ruf und beschloss ein Monat nach Amtsantritt wieder zu kündigen. Er sah, dass man den Aufträgen nicht nachkam und die Entwickler überarbeitet waren. Doch er sollte seine Entscheidung überdenken, als Gates ihm von seiner Vision - ein PC auf jedem Schreibtisch - erzählte.

Ergänzung

Microsoft-Manager berichten von Ballmers Fähigkeit riesige Datenhaufen zusammenzufassen, während er gewissenhaft Geschäftsvorschläge im Gedanken auf mögliche Schwächen prüft.

Sein Verkaufs- und Marketing-Talent haben seit jeher Gates technische Seite ergänzt, während Microsoft vom unsicheren Start-up zum führenden Softwarekonzern wurde.

Stückweise

Ballmer arbeitete sich langsam hoch. 1998 wurde er schließlich Präsident des Unternehmens, 2000 löste er Bill Gates als CEO ab. Heute ist er nach dem Gründer mit 4,3 Prozent Anteilen der zweitgrößte Aktionär des eigenen Konzerns.

Öffentliche Bekanntheit erlangte Ballmer weniger durch seine Geschick fürs richtige Geschäft, als durch unzählige aufsehenerregende Äußerungen und Auftritte, die ihn immer noch regelmäßig in die Schlagzeilen bringen.

Monkey Boy

Beispielsweise bezeichnete Ballmer das Open Source-Betriebssystem als "Krebs" und schimpfte den führenden Suchmaschinenbetreiber Google "Ein-Trick-Pony".

Sein unerschütterliches Engagement für das Wesen Microsoft brachte ihm sogar Popularität auf Video-Plattformen ein. Neben Sternchen wie lonelygirl15, gehört Ballmers enthusiastischer Auftritt während einer Entwicklerkonferenz mit einer Million Klicks auf Youtube zu den meist gesehenen Internet-Videos. Der Auftritt verlieh ihm den Spitznamen "Monkey Boy".


Bei aller Verrücktheit hat Ballmer Microsofts Geschäftstüchtigkeit immer auf Kurs gehalten

Alles Anders

Mit dem Abgang Gates dürfte sich einiges ändern, meint auch Mary Jo Foley, die Autorin des Buchs "Microsoft 2.0: How Microsoft Plans to Stay Relevant in the Post-Gates Era". Durch Gates zurückhaltende Art, wurde ihrer Ansicht nach Ballmer praktisch in die Rolle des Microsoft-Schlosshundes gedrängt. Das Rollenspiel wurde mit dem Abgang Gates aufgelöst. Doch ob Ballmer seine Rolle als Microsoft-Heißsporn ablegen wird, ist ungewiss.

Man darf also gespannt sein, wie Ballmer den Konzern in Zukunft als einsame Spitze nach außen hin repräsentieren wird und ob das neu formierte Team rund um Ray Ozzie Gates erfolgreich ersetzen kann. (zw)