Vielleicht sind die Beschwichtigungstöne, mit denen die SPÖ-Spitze den Krisengipfel der Koalition begleitet hat, ja ernst gemeint: Die ÖVP möge sich doch bitte nicht wegen eines Briefes aufregen, der sich auf künftige, vielleicht gar nie stattfindende politische Entscheidungen bezieht. Noch ist ja gar nichts passiert, und womöglich werde auch gar nie etwas passieren, weil eine Volksabstimmung gar nicht aktuell sei, wurde den ÖVP-Teilnehmern des Gipfels in Aussicht gestellt.

Selbst wenn man glauben wollte, dass der Kurswechsel der SPÖ in der Europapolitik gar nicht so radikal ist, wie er scheint - ist deswegen schon die Koalition gerettet?

Hat sie irgend etwas weitergebracht seit dem letzten großen Krach zu Ostern? Man erinnert sich: Damals wurde um des lieben Friedens willen ein Arbeitsprogramm verabschiedet, das so gewirkt hat, als wollte man das Arbeitsübereinkommen der Koalition konkretisieren. Zu tun gäbe es also genug. Wo immer es aber wirklich konkret wird, gelingt es einem der Partner, ein Haar in der Suppe zu finden - selbstverständlich eines des jeweils anderen Partners.

Weder die Gesundheitsreform noch die Pensionsautomatik sind bisher gelungen, mit der Integration darf sich die neue Innenministerin herumschlagen, mit der Pflegeproblematik der alte Sozialminister. Bundespräsident Heinz Fischer hat schon einmal zum Arbeiten gemahnt - wenn er am Dienstag die neuen Regierungsmitglieder angelobt, wird er wohl schärfer werden müssen. Es ist immerhin seine Regierung, die ihre Ineffizienz und Inkompetenz jeden Tag zur Schau stellt. (DER STANDARD Printausgabe, 30.6.2008)