Der gesamte Postverkehr eines Ministers solle für jedermann zugänglich sein, forderte Alfred Gusenbauer vor sieben Jahren im Rahmen einer "Verfassungsinitiative zu Medien- und Informationsfreiheit". Ich weiß nicht, wie er es derzeit mit dieser Forderung hält, aber zumindest ein Brief, den er gemeinsam mit einem weiteren Regierungsmitglied verfasst hat, ist nun praktisch für jedermann zugänglich: der Brief an Krone-Herausgeber Hans Dichand. Auch online - gleich im Umfeld von lügenden Stars, einer alten Bauernregel und Justin Timberlake mit Zwangsstörung - kann man auf krone.at vom "SPÖ-Sinneswandel" erfahren.

Was aber wird der Krone-Herausgeber wohl dazu sagen, wenn er vom Anliegen des aktuellen Bundeskanzlers erfährt, eine "Staatszielbestimmung zur Erhaltung der Medienvielfalt" zu schaffen? Oder von den Forderungen Gusenbauers nach "aktiven Maßnahmen" zur Erhaltung der Medienvielfalt? Nun, auch diese Forderungen stammen aus der selben "Verfassungsinitiative" von vor sieben Jahren. Und es hat ja auch niemand etwas von Förderung, Stärkung oder Ausbau der Medienvielfalt gesagt, sondern bloß von ihrer "Erhaltung", was auch heißen kann: es soll so bleiben, wie es ist. Das wiederum könnte man vielleicht bei Gelegenheit dem Herausgeber der Krone schreiben.

PS: Zur Beruhigung muss man noch eines festhalten - der Brief an die Krone war weder ein wichtiges noch ein verbindliches Schreiben, denn sonst hätte es ja vom Vorsitzenden (= Gusenbauer, derzeit noch) und "dem/der zuständigen BundesgeschäftsführerIn" (wer immer das heute sein mag, jedenfalls nicht Faymann) unterzeichnet werden müssen (so steht es jedenfalls in § 49 Abs 1 des Organisationsstatuts der SPÖ).

Hans Peter Lehofer, Medienjurist

Längere Zeit habe ich Gusenbauer für einen verkannten, intelligenten Menschen gehalten. Nach seinem sich und die Demokratie entwürdigenden Kniefall vor Hans Dichand und dessen Kronen Zeitung musste ich die Einschätzung radikal ändern: Alfred Gusenbauer handelt in Panik ohne einen Rest an Intelligenz. Falls ihm irgendwann einmal das Gehirn gesagt haben sollte, dass die EU ein lebendes Wesen sei, so hat er nun dieses Wesen einem verantwortungslosen Ankläger und Richter ausgeliefert, dem es mittels Maximierung von Gewinnstreben und schlechtem Geschmack gelungen ist, das Land in eine neue dunkle Zukunft zu drängen, in der nur noch dumpfer Eigennutz als direkte Demokratie heroisiert, also falsch dargestellt, wird. - Danke, Gusi! Und wenn Sie diese Anrede als Beweis Ihrer Popularität interpretieren, dann weiß ich, was ich von Ihnen zu halten habe.

Karl Danninger, ehem. Vorsitzender der Vereinigung der Parlamentsredakteure

Im Kommentar von Alexandra Föderl-Schmid (Standard, 27.6.) wird der Zustand unserer Republik treffend analysiert. Dank Faymann und Gusenbauer lässt sich eine treffliche Phalanx mit der Krone bilden, in die man praktischerweise gleich auch Strache und Westenthaler einbeziehen könnte. Das ergäbe auch die notwendigen formalen Mehrheiten in Parlament und Regierung, damit der Paravent von Schein-Demokratie aufgerichtet werden kann, hinter dem ein ganz anderes Stück aufgeführt wird. - Da kann man nur sagen: "Wehret den Anfängen!"

Josef Riegler, Vizekanzler a.D., Graz

Jetzt ist sie endlich heraußen, die Wahrheit über die Europalüge, die Wahrheit über die wahren Absichten der provinziellen Kleinhäusler: Sie hassen Österreich! Sie lieben nur sich und die "Patää" und ihre kleinen, läppischen Provinzpfründe, ihr kleines nationalstaatliches Hausmeistermachterl. Nichts anderes. Dafür wird in Kauf genommen, dafür geopfert und über Leichen gegangen. Gratulation! Mit diesem anti-europäischen, in Wahrheit jedoch zutiefst anti-österreichischen "Befreiungsschlag" ist das Wählerpotenzial wieder ganz groß, der nächste Wahlsieg vorprogrammiert. Und auch die faschistoiden Rotzbuben stehen schon bereit am Strich für Koalitionsangebote.

Sie legen sich ins unappetitliche kleinformatige Zeitungsbett, die provinziellen Sumperer, die Ewiggestrigen, zusammen mit Vorgestrigen. Dafür gibt's fetten Judaslohn: Leserbriefschreiber, Wähler. Apropos: Wie wäre es mit dem Eintreten für die Freigabe von Kinderporno und Inzest? Auch hier gibts Blätter, über die man verkünden kann. Auch hier schlummert Wählerpotenzial. Laut Dunkelziffer weit größer, als allgemein angenommen.

Und es gibt einiges, was ihnen noch einfallen kann, den Hausmeistern und Landesverrätern, denen es um die "Patää" geht, um den Wahlsieg, koste es was es wolle. Mit uns in die neue Zeit!

Miguel Herz-Kestranek, Buchautor, Schauspieler und Vizepräsident des Österreichischen PEN-Clubs

Offener Brief an Werner Faymann:

Sehr geehrter Herr Parteivorsitzender Werner Faymann, ich gratuliere Ihnen als Aktivist der Plattform Volxabstimmung zu Ihrer Meinungsänderung in Sachen Volksabstimmung über EU-Verträge. Fast alle JournalistInnen und Nicht-SP-PolitikerInnen werfen Ihnen Populismus vor. Lassen Sie mich als einer der BürgerInnen, deren Forderung Sie jetzt ernst nehmen, sagen: Was soll's, Hauptsache die SPÖ hat Ihre demokratiemissachtende Position aufgegeben. Wie es dazu gekommen ist, ist Nebensache. Nur etwas leichter hätten Sie es uns schon machen können.

Jetzt wird es darauf ankommen, dass Sie diese Selbstverpflichtung nicht so vergessen wie Alfred Gusenbauer seine in einem Falter-Interview getätigte Aussage, er werde sich dem Diktat der Konzerne nicht beugen, "und wenn wir die einzigen sein sollten". Das erwarte ich jetzt von Ihnen.

Ich lade Sie ein, mit uns zusammen den Bau einer neuen rechtlichen Grundlage für ein kooperatives, soziales, demokratisches, gendergerechtes, ökologisches, kulturell vielfältiges und friedliches Europa umgehend in Angriff zu nehmen. Wenn Sie das tun, haben Sie gute Chancen, jene Glaubwürdigkeit wiederzugewinnen, die nötig ist, damit Sie bei den nächsten Wahlen als Regierungschef in Österreich eine sozialdemokratische Politik durchsetzen und sich in Europa für eine sozialdemokratische Politik stark machen können. Ihr

Günter Hager-Madun, Aktivist der Plattform Volxabstimmung und des KPÖ-Referendum-Teams

Dies ist ein erstes positives Signal, das zeigt, wie wichtig öffentlicher Druck ist. Ab dem Jahr 2000 habe ich noch innerhalb der SP-Fraktion im Europäischen Parlament für solche Positionen geworben, wurde aber noch verlacht.

Jetzt geht es um einen demokratischen Aufbruch aus der Mitte, gerade bei der Europäischen Union. Man darf das Feld nicht halbstalinistischen Linken oder Haider-Klonen wie Herrn Strache oder Herrn Westenthaler oder Herrn Mölzer überlassen.

Die 'Liste Martin' und unsere 'Demokratieplattform' werden sich weiter für den Kampf um Demokratie und gegen Milliardenverschwendung in der EU einsetzen,

Hans Peter Martin, EU-Abgeordneter (DER STANDARD Printausgabe, 30.6.2008)