Die Staatsanwaltschaft prüft nun, ob es sich um den Straftatbestand der Tötung auf Verlangen handelt oder um Beihilfe zum Selbstmord – in diesem Fall würde Kusch straffrei bleiben. Dieser Ansicht ist auch Kusch selbst. Die Frau sei laut Gutachten im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte gewesen und habe die Medikamente selbst besorgt. Er habe den Raum "aus Gründen der Straflosigkeit" verlassen, als die 79-Jährige die Becher mit der tödlichen Dosis getrunken habe, sagte Kusch. Eine Videokamera habe seine Gespräche mit der Frau und deren Tod aufgezeichnet.
Schreckensvision
Was Kuschs Kritiker besonders empört, ist, dass die Frau an keiner tödlichen Krankheit gelitten hatte, sondern Angst hatte, in ein Pflegeheim zu müssen. "Das Pflegeheim war für Frau S. die Schreckensvision" , sagte Kusch und präsentierte Videoaufnahmen, in denen die 79-Jährige sagt: "Ich kann nicht sagen, dass ich leide, aber ich kann mich so schlecht bewegen." Sie habe keine Lust mehr, sich nur kraft ihres Willens in der Gegend herumzuschleppen, das sei äußerst anstrengend.
"Es ist an Zynismus kaum noch zu überbieten, wie Herr Kusch für seine ganz persönliche Eitelkeit die Einsamkeit einer Frau instrumentalisiert" , sagte Frank Ulrich Montgomery, der Präsident der Ärztekammer Hamburg. Der Vorstand der Deutschen Hospiz-Stiftung, Eugen Brysch, sagte, es gehe Kusch nur um Aufmerksamkeit. "Es gibt ein Recht auf Leben, es gibt ein Recht auf Sterben, es gibt aber nicht das Recht auf Tötung."