Der neue Liebling auf der Leserbriefseite der "Krone".

Wien - Auf der Leserbriefseite der "Krone" macht sich die Kurswende der SPÖ in der Europapolitik bereits bezahlt. Herausgeber Hans Dichand soll ja SPÖ-Chef Werner Faymann versprochen haben, ihn zum Kanzler zu machen, wenn er auf die EU-skeptische Linie des Blattes einschwenkt. Der Ausgang ist bekannt: Am Freitag verkündeten Kanzler Alfred Gusenbauer und Faymann per Brief an Dichand, dass sie für Volksabstimmungen über künftige EU-Verträge eintreten.

Prompt erschien am Sonntag auf Seite 26 des Kleinformats ein Leserbrief von einem gewissen Alexander Welspacher: "Ich wünsche mir, dass Herr Werner Faymann der neue Bundeskanzler wird. Wo die Fairness, die Herr Gusenbauer dem Land versprochen hatte, endlich umgesetzt werden kann." Brigitte Lindenthaler aus Salzburg wiederum schreibt an Faymann: "Sie sind der Mann, den die SPÖ dringendst an ihrer Spitze gebraucht hat. (...) Sie sind kompetent und ehrlich, klar und logisch denkend, haben Klasse, Stil, Charakter und Format."

Hans Dichand bekam am Montag aber auch Post von der ÖVP, geschrieben von Außenministerin Ursula Plassnik. Sie wehrt sich gegen Dichands Kolumne vom Sonntag. Der Zeitungsmacher hatte darin über ein Treffen erzählt, bei dem Plassnik "sehr beleidigt" reagiert habe, als ihr Dichand seine Meinung über sie und die "Parteiendiktatur" in der "heutigen EU" gesagt habe.

"Sie haben ohne vorherige Rücksprache mit mir ein meinerseits als vertraulich eingestuftes Gespräch öffentlich gemacht. Nur in Teilen und verzerrt", repliziert Plassnik nun. Im Juli sei ihr von Dichand ein "unmoralisches Angebot" unterbreitet worden. "Ich weiß, wie Sie Ihre Partei und diese Regierung retten können", habe ihr der "Krone"-Chef eröffnet. Auf ihre "überraschte Nachfrage" sei dann die Ergänzung erfolgt: "Indem Sie für eine Volksabstimmung über den EU-Reformvertrag sind!" Sie habe das Angebot abgelehnt, führt Plassnik aus, im Gegensatz zur SPÖ. (jo, hei/DER STANDARD Printausgabe, 1. Juli 2008)