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Luis Aragones, feiernd mit Königs, in den Katakomben des Happel-Stadions.

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Wien - "Das ist nicht nur für Spanien gut, sondern für den ganzen Fußball", sagte Fernando Torres nach dem 1:0-Triumph im EM-Finale. Tatsächlich stemmte mit Iker Casillas der Kapitän einer Mannschaft den Pokal, die das Spielerische sowie das Vergnügen daran betont hatte, wie keine andere. Feelgood-Fußball, statt des mit den Mitteln der Taktik, Disziplin und Konzentration errungenen Erfolgs Griechenlands vor vier Jahren.

"Ich glaube, der Beste hat gewonnen", durfte der Schütze des Siegestores am Sonntag also zufrieden resümieren. "Das ist nicht immer so." Noch vor den Siegesfeiern (bei denen er dann mit David Villa am längsten durchhielt) dachte er bereits an die Zukunft. "Das ist mein erster großer Titel. Ich hoffe, es werden noch mehr. Jetzt müssen wir das hier genießen, aber wir sind ehrgeizig und es gibt ja auch noch die Weltmeisterschaft."

Bei dieser wird für Spanien wieder alles möglich sein, meinte - zumindest implizit - auch Trainer Luis Aragones: "Wir haben eine Mannschaft zusammengestellt, die man kaum stoppen kann. Sie ist sehr ballsicher, sie spielt gut. Wir haben dieses Turnier auf brillante Art und Weise gewonnen. Jetzt wissen wir, dass wir gewinnen können - eine Europameisterschaft und auch jedes andere Turnier." Die bösen Geister der Vergangenheit sollten in Wien zu Grabe getragen worden sein - ein Spanien ohne seine Neurosen, das könnte für die Konkurrenz Übles bedeuten.

Der immer abgeklärt wirkende Routinier versicherte nach dem Match: "Ich bin absolut glücklich. Normalerweise zeige ich nicht, was ich empfinde. Aber in mir bin ich ganz voll mit Freude. Ich bin nicht so emotional, aber manche Spieler haben Dinge gesagt, die mich wirklich mit Emotionen erfüllt haben. Ich zeige diese Gefühle aber nicht, das gestehe ich mir nicht zu. Andere können das vielleicht besser zum Ausdruck bringen - ich kann es nicht, so bin ich eben."

Vorbildhaft

Der Erfolg seiner Mannschaft werde aber auch für andere Mannschaften richtungsweisend sein, hoffte Aragones: "Ich glaube schon, dass sie auf uns schauen werden." So gesehen könnte der auf eine gute Defensive gestützte Angriffsfußball durchaus Vorbildwirkung haben. "Das wäre schön. Ich hoffe, dass sie so weitermachen und noch viel gewinnen."

44 Jahre sollte es bis zum nächsten Titel diesmal daher nicht mehr dauern. Damals war Aragones im Viertelfinale noch als Spieler dabei gewesen. In der Turnierphase, die erst mit den Halbfinali begann, wurde er aber nicht mehr aufgeboten. "Damals gab es noch keine Einwechslungen, also musste ich mir das Finale von draußen ansehen. Auch jetzt gibt es Spieler, die weniger oft spielen. Aber auch sie sind Teil unseres Triumphes."

Der Opa des Sieges wird seinen Platz nun wohl räumen ("Die Chancen, dass ich bleibe, sind praktisch null."), als designierter Nachfolger steht der frühere Erfolgscoach von Real Madrid, Vicente del Bosque, vor der Tür. Der bald 70-Jährige könnte aber am Ende seiner Karriere das erste Auslandsengagement annehmen: Fenerbahce Istanbul hat angeblich einen Zweijahresvertrag mit einem jährlichen Gehalt von drei Millionen Euro angeboten.

23 Millionen eingespielt

Spaniens Fußballverband spülten die Leistungen der Seleccion erhebliche Geldmittel in die Kassen. 23 Millionen Euro brutto standen nach dem Finalsieg zu Buche. Da Spanien auch davor alle seine Spiele gewonnen hatte, waren bis dahin schon 15,5 Millionen eingegangen. Der Sieg über die Deutschen brachte weitere 7,5 Mio. Euro ein. An die spanischen Spieler geht davon jedoch nur ein Bruchteil.

Diese hatten nämlich unter der Federführung von Kapitän und Tormann Iker Casillas für den nunmehr eingetretenen Fall des Titelgewinns eine im internationalen Maßstab beinahe bescheidene Prämie ausgehandelt. Sie bekommen jeweils 214.000 Euro und zwar unabhängig, wie oft ein Spieler eingesetzt wurde.

Souveräne Verlierer

Die Deutschen nahmen die Niederlage relativ gelassen hin, die Überlegenheit der Spanier wurde allenthalben anerkannt. "Wir können insgesamt zufrieden sein, die Mannschaft hat in den 45 Tagen, in denen sie zusammen war, Großartiges geleistet", betonte Joachim Löw. Platz zwei werde Ansporn sein, Dinge voranzutreiben und sich weiter zu verbessern.

"Die Spieler haben kämpferisch und läuferisch alles, aber nicht immer die hohe spielerische Qualität, abrufen können. Für uns war es eine große Leistung, dass wir das Finale erreicht haben", so der Nationaltrainer.

Und Kapitän Michael Ballack, der wenige Wochen nach der Niederlage im Finale der Champions League die nächste Endspielpleite verkraften musste, resümierte:"Es ist immer enttäuschend, ein Finale zu verlieren. Die Mannschaft hat aber eine großartige EM gespielt. Sie hat sich hervorragend verkauft." (APA/red)