Luzia Fuchs-Jorg ist Geschäftsführerin der KICK OFF Management Consulting GmbH.

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"Wie sich aus der Knospe der Verwirrung die Blüte der Verwunderung erhebt": Aufstellungsarbeit und im Speziellen, wie Organisationen davon profitieren, war das Thema des jüngsten HRCircles, bei dem Luzia Fuchs-Jorg über ihre Tätigkeit als Aufstellungsleiterin referierte. Die Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens Kick Off Management Consulting beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem "Sichtbarmachen von Verborgenem" und mit der "Kunst, mit Eisbergen zu tanzen". Bei der Aufstellungsarbeit werden Beziehungsmuster eines Systems bildlich dargestellt.

Die Methode der Familienaufstellungen funktioniere auch bei Unternehmen. Um die "andere Seite des Eisberges" transparent zu machen, meint Fuchs-Jorg, die von einer breiten Palette an potenziellen Einsatzmöglichkeiten für Organisationsaufstellungen berichtet: "Das gilt für Entscheidungssituationen, fürs Vorgehen bei Firmengründungen, Fusionen, zur Klärung von zwischenmenschlichen Konflikten, Hierarchieproblemen, einem gestörten Betriebsklima etc."

Traumata aufspüren

"Das Schlimmste, das passieren kann, ist, dass alles beim Alten bleibt", versucht Fuchs-Jorg die Scheu vor dem "Irrationalen" zu nehmen. Das Ziel von Aufstellungen bestehe in der "Erkennung und Auflösung von teilweise uralten Traumata". Störungen in der Jetztzeit hätten sehr oft mit Problemen in der Familie zu tun: "Kein Familienmitglied kann einfach komplett ignoriert oder ausgestoßen werden." Da grundsätzlich jede Firma ein Familienbetrieb sei, lasse sich das Konzept von Familienaufstellungen auch auf Unternehmen anwenden. "Zentrale Aspekte und Dynamiken" können ans Licht befördert werden, sagt Fuchs-Jorg, die bei "Aufstellungs-Guru" Bert Hellinger in die Lehre gegangen ist. Hellinger hat die systemische Familientherapie etabliert.

Geben und Nehmen

Wichtig sei, dass das "Gesetz der Balance" von Geben und Nehmen in einer Firma funktioniere. "Wenn ein Chef zu schwach ist und seine Verantwortung nicht wahrnimmt, tendieren Mitarbeiter automatisch dazu, seinen Part zu übernehmen", warnt Fuchs-Jorg, dass das Gleichgewicht schnell aus den Fugen geraten kann. Solche Prozesse könnten mit Organisationsaufstellungen sehr einfach wieder ins Lot gebracht werden. Ein weiterer häufiger Grund für ein gestörtes Betriebsklima können Kündigungen sein: "Es entstehen bei jenen, die geblieben sind, Schuldgefühle beziehungsweise auch beim Chef, der die Leute entlassen musste."

Bei Organisationsaufstellungen werde zumeist mit menschlichen Repräsentanten oder Symbolen wie zum Beispiel Gegenständen (Sessel, Figuren, Blätter) gearbeitet. Als Repräsentanten fungieren oft Auszubildende, die dann die Teammitglieder oder Mitarbeiter "spielen". Diese Stellvertreter können oft sehr genaue Informationen über die Personen, die sie repräsentieren, oder das zugrunde liegende Beziehungsgeflecht geben. So könne Unbewusstes sichtbar gemacht werden, sagt Fuchs-Jorg, die von "sonderbaren Dingen, die man nicht benennen kann" und "inneren Bewegungen, die nicht zu einem gehören", spricht. "Wie beim Fußball" könnten eine neue Aufstellung oder veränderte Positionen im System über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.

Bilder neu bewerten

"Ein Manager hat über schlimme Bauchschmerzen und ständige Übelkeit geklagt. Er wollte den Grund dafür wissen", beschreibt Fuchs-Jorg einen Fall für eine Aufstellungsarbeit. Eine organische Ursache konnte nicht gefunden werden. "Im Zuge der Sitzung hat sich herausgestellt, dass sich der Mann von seiner Sekretärin betrogen gefühlt hat, da diese ein Verhältnis mit einem Vorstandskollegen hatte", schildert die Aufstellungsleiterin "Managerprobleme". Wenn das Problem identifiziert ist, müsse man sich eine Strategie zurechtlegen, um damit umzugehen: "Wir holen die Bilder heraus, besprechen sie und legen sie dann wieder hinein. Man kann sie neu bewerten."

Aufstellungsarbeit sei ein sehr vielschichtiges Terrain. Die einfachste Form könne man im Prinzip auch zuhause alleine erledigen, erzählt sie. Wenn sich zum Beispiel die Frage eines Jobwechsels stellt, brauche man nur drei Blätter Papier, die etwa mit "Ja", "Nein" und "Ganz was anderes" beschriftet werden können. Die Blätter werden mit der Beschriftung nach unten auf den Boden gelegt und die Person beschreibt dann ihre Gefühle, wenn sie auf den jeweiligen Blättern steht. Danach solle sie raten, welches Blatt welche Antwort repräsentiert. Mit diesem Selbstcoaching könne man das Unbewusste zutage fördern und bekomme eine schnelle Entscheidungshilfe, so die Beraterin.

Trance und Blackouts

"Als Aufstellungsleiterin ist man lediglich der innere Helfer", sagt Fuchs-Jorg, die ihre Rolle darin sieht, die Kunden "in ihren Probleme" zu dirigieren. Die wirksamen Dynamiken in Systemen könnten durch "logisch rationale Erwägungen" kaum erfahrbar gemacht werden. Bei einer Aufstellung erreiche man oft einen "tranceartigen Zustand", der manchmal in kompletten Blackouts resultiere. "Die Gefahr ist, dass man als Aufstellungsleiterin neutral und kalt wird", berichtet sie. Auf der anderen Seite sei dieser Schutzmechanismus und "Panzer" wohl eine Voraussetzung, um diesen Job überhaupt ausüben zu können.

Fuchs-Jorg betont, dass als Vorsichtsmaßnahme bei jeder ihrer Aufstellungen ein Psychotherapeut vor Ort ist. Es sei zwar nicht die Regel, aber manchmal könne es infolge von evident gewordenen Traumata zu unvorhergesehenen Reaktionen kommen. Im schlimmsten Fall müsse der Klient in ein Kriseninterventionszentrum gebracht werden.

2.000 Euro pro Tag

Die Kosten für Familienaufstellungen, die im Normalfall rund eineinhalb Stunden dauern, belaufen sich auf 240 Euro, erzählt Fuchs-Jorg. Die monetären Aufwendungen für Organisationsaufstellungen sind von der Anzahl der involvierten Berater und Repräsentanten abhängig. Der Tagsatz betrage rund 2.000 Euro. Um Betriebsblindheit vorzubeugen und um Probleme aus dem Weg zu räumen, finden Aufstellungen auch in ihrem Unternehmen statt: "Einmal im Jahr, denn Berater haben schließlich oft die meisten Konflikte." (om, derStandard.at, 30.6.2008)