Die britische Rechtsberatungsbranche stellt sich auf massive Änderungen ein: Der im Vorjahr beschlossene Legal Services Act 2007 macht es in Großbritannien künftig möglich, Nichtanwälte in die Geschäftsführung von Kanzleien zu berufen und externe Investoren an Law Firms zu beteiligen. In Australien ermöglichte eine Gesetzesänderung diese Vorgehensweise schon 2006. Als jedoch Anfang 2007 die australische Rechtsanwaltskanzlei Slater & Gordon als erste Sozietät weltweit mit ihrem Unternehmen an die Börse ging, waren die Reaktionen höchst unterschiedlich. Das britische Fachjournal The Lawyer sprach von einem "bahnbrechenden Deal" , aber kontinentaleuropäische Standesvertreter sind entsetzt. Von einer "höchst gefährlichen Struktur" spricht etwa Axel Filges, der Vizepräsident der deutschen Rechtsanwaltskammer.

Interessenkollision!

Auch Gerhard Benn-Ibler, Präsident des österreichischen Rechtsanwaltskammertages (ÖRAK), reiht sich unter die schärfsten Kritiker: "Wir lehnen eine solche Fremdbeteiligung an Rechtsanwaltssozietäten strikt ab! Sie gefährdet die Unabhängigkeit des Anwaltsstandes. Die Advokatur hat ausschließlich ihren Mandanten zu dienen. Sobald es aber einen externen Mitgesellschafter gibt, steht man als Anwalt in Abhängigkeit. Eine Interessenkollision wäre unausweichlich." Zweifler führen auch ins Treffen, dass vor allem große Finanzdienstleister wie Banken und Versicherungen als potenzielle Investoren infrage kämen, die – abgesehen von wirtschaftlichen Motiven – Einfluss auf die Rechtsberatung großer Law Firms nehmen könnten. "In Österreich kann man beruhigt sein, weder sieht die Rechtsordnung dieses Modell vor, noch ist Fremdbeteiligung hier überhaupt ein Thema." Inwieweit sich nun die britische Anwaltsbranche aufgrund des Legal Services Acts strukturell verändern wird, ist heute noch nicht absehbar. Bevor sich nämlich Sozietäten fremde Geldgeber ins Haus holen können, muss dem Gesetz zufolge noch eine Aufsichtsbehörde, das Legal Services Board, ins Leben gerufen werden. Das wird aber noch bis 2011 dauern. John Young, Senior Partner bei der Lovells London, ist jedenfalls skeptisch: "Das Gesetz sorgt für viel Wirbel. Die Frage ist aber: Wird es überhaupt Kanzleien geben, die von den neuen Möglichkeiten Gebrauch machen wollen? Große Law Firms sehen in der Regel gar keinen Bedarf, sich externe Investoren ins Haus zu holen." Expansionen, so der Jurist, würden vor allem durch Zusammenschlüsse mit anderen Kanzleien erfolgen.

Juristische Dienstleistung

Indes gab die Private Equity Firm Lyceum Capital vergangene Woche bekannt, 255 Millionen Pfund in juristische Dienstleistung in den nächsten Jahren investieren zu wollen. Dazu holte sich das Unternehmen Tony Williams, den früheren Managing Partner von Clifford Chance an Board. Er soll bei der Auswahl von geeigneten "Targets" helfen. (Judith Hecht, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.7.2008)